Adipositas

Die Sache mit dem Zucker

Zucker gehört zu der Gruppe der Kohlenhydrate. Er ist süß und liefert viele Kalorien (4kcal/g). Viele Kinder essen gerne zuckerhaltige Speisen. Das ist aus Sicht des kindlichen Körpers oft sinnvoll: In Zeiten von schnellem Wachstum braucht der Körper viel Energie und Kohlenhydrate sind eine sehr gut verfügbare Energiequelle. Nur: In unserer Zeit konsumieren viele Kinder und Jugendliche (und auch Erwachsene) zu viel Zucker. Und das mit gravierenden Folgen: In Deutschland sind etwa 15% der Kinder und Jugendlichen zwischen drei und 17 Jahren übergewichtig und ungefähr ein Drittel davon ist adipös (fettleibig). Häufig werden die Kinder und Jugendlichen die überflüssigen Pfunde nicht mehr los und tragen dann ein hohes Risiko, an einer Zuckerkrankheit (Diabetes), an Stoffwechselstörungen, Bluthochdruck und anderen Herz-Kreislauf-Problemen zu erkranken.

Süßigkeiten, Eiscreme, Kuchen, Keksen, Ketchup und Limonaden bestehen zu einem hohen Anteil aus Zucker. Zucker wird aber auch vielen anderen Lebensmitteln, und nicht nur den süßen Produkten, zusätzlich zugesetzt. Daher hat die Bundesregierung 2018 eine Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie (NRI) für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten ins Leben gerufen. Vereinbarungen mit der Lebensmittelindustrie wurden geschlossen, um beispielsweise Zucker in Frühstückscerealien für Kinder bis zum Jahr 2025 um 20% zu reduzieren und so zu einer gesunden Ernährung beizutragen.

Mehrere Studien untersuchten kürzlich den Erfolg. Zur Information vorab: 15g Zucker/100g Cerealien ist die von der WHO empfohlene Obergrenze für Frühstückcerealien. Von den 15 Produkten mit dem höchsten Zuckergehalt liegt keines unter 35g/100g. Der Spitzenreiter bringt es auf 43g/100g. Das ist umso bitterer, da gerade süße Produkte eher im Einkaufswagen landen als andere. Die 10 meist gekauften Produkte enthalten zwischen 24g und 35g Zucker/100g Cerealien, im Durchschnitt 27g/100g. Insgesamt enthalten 99% der verkauften Kindercerealien zu viel Zucker. Dabei ginge es auch anderes: Die 15 am wenigsten süßen Frühstücksprodukte für Kinder enthalten zwischen 0,2g und 0,8g Zucker/100g Cerealien.

Der AOK-Bericht aus dem Jahr 2020 weißt in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die Rolle der Werbung und des Marketings für Kindercerealien hin: Mit 15000 Fernsehspots und 7800 Online-Werbeanzeigen werden die Familien im Jahr überschüttet. Die AOK fordert daher ein Verbot der an Kinder und Jugendlichen gerichteten Werbung für zuckerhaltige Lebensmittel, sofern sie nicht den WHO-Kriterien entsprechen. Viele Kinder- und Jugendärzte schließen sich dieser Forderung an.

Übrigens: Die Vereinbarung der Bundesregierung mit der Lebensmittelindustrie, den Zuckergehalt in Kindercerealien zu senken, ist nicht verpflichtend. Sie erscheint vor dem Hintergrund der aktuellen Studien als sehr wenig wirksam und bei weitem nicht ausreichend.

Übergewicht zu reduzieren, ist in jedem Alter wichtig. Aber noch wichtiger ist die Prävention im Kindes-und Jugendalter. Hier können Sie persönlich für Ihre Kinder entscheidend dazu beitragen. Reduzieren Sie den Konsum von Süßigkeiten. Achten Sie beim Einkauf auf den Zuckergehalt der Lebensmittel und sorgen Sie für viel Bewegung. Das tut der ganzen Familie gut.

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.  

Herzliche Grüße, 

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert 

Das metabolische Syndrom: Die Weichen werden in der Kindheit gestellt

Fettleibigkeit (Adipositas) ist definiert als BMI (body-mass-index) über der 97.Perzentile. In Deutschland sind etwa 23% der Erwachsenen adipös, 2% der zwei- bis dreijährigen Kinder und bis zu 5,6% der Einschulungskinder.

Warum ist das so schlimm?

Massives Übergewicht führt zu einer unterschwelligen Entzündungsreaktion im Körper. Bereits im Kindes- und Jugendalter kann dies zu Körperfunktionsstörungen führen, die im Vollbild „metabolisches Syndrom“ genannt werden. Dazu gehören neben der Adipositas Störungen im Zucker- und Fettstoffwechsel und der oft völlig unterschätzte Bluthochdruck, um nur die wichtigsten zu nennen. Häufig entwickelt sich eine Fettleber und durch die Entzündung eine Funktionsstörung der Leber. Man geht davon aus, dass bereits 20% der adipösen Kinder daran leiden. Auch die Harnsäure kann erhöht sein, orthopädische Probleme, psychische Auffälligkeiten und Schlafstörungen sind an der Tagesordnung. Studien haben gezeigt, dass bei ausgeprägter Adipositas auch die Lebenserwartung verkürzt ist und zwar bis zu acht Jahren. Vor allem Herz-Kreislauf-Erkrankungen spielen hier eine Rolle.

Viele Studien haben gezeigt, dass das Gewicht im frühen Kindesalter ein guter Anhalt für die weitere Gewichtsentwicklung im Leben und eben für die damit verbundenen Krankheiten ist. Das bedeutet, dass gerade das Kindesalter wichtig für die Therapie und Prävention der Adipositas ist.

Was kann man tun?

Hauptsächlich geht es um eine Lebensstiländerung in vielen Bereichen. Mit betroffenen Kindern und Jugendlichen werden umfangreiche Ernährungsschulungen durchgeführt. Eine ausgewogene Ernährung, die Reduktion energiedichter, vor allem zuckerhaltiger Nahrungsmittel und Getränke ist wichtiger Bestandteil der Behandlung. Gleichzeitig muss auf ausreichend Bewegung geachtet werden. Auch wenn das Gewicht nur wenig fällt, ist oft der Einfluss auf die Risikofaktoren (beispielsweise Blutdruck und Höhe der Blutfette) bereits sichtbar. Gesellschaftlich wäre es dringend wünschenswert, und so auch von der WHO formuliert, die Werbung für ungesunde Nahrungsmittel im Kindesalter stark einzuschränken, eine Fett- oder Zuckersteuer einzuführen, in Kindergärten und Schulen die Ernährung zu verbessern und mehr sportliche Aktivitäten anzubieten. Hier können Sie auch immer persönlich aktiv werden: Gemeinsamer Sport macht Spaß und tut in jedem Alter gut.

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert

Übergewicht im Kindes- und Jugendalter

Weltweit hat die Häufigkeit von Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas) von Kindern und Jugendlichen stark zugenommen. 1975 waren 0,7% aller Mädchen und 0,9% aller Jungen adipös, 2016 waren es schon 5,6% sowie 7,8%. In Deutschland sind die Zahlen seit einigen Jahren konstant (letzte Untersuchung aus dem Jahr 2017): Hier beträgt der Anteil der übergewichtigen Kinder und Jugendlichen 15,4% und der Adipösen 6,3%.

Nach den Ursachen wird viel geforscht. Die biologische Programmierung, die bereits in der Schwangerschaft und in der frühen Kindheit erfolgt, scheint eine besondere Bedeutung zu haben. Aber auch im Jugendalter steigt das Risiko für Übergewicht. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) kommt in einer jüngeren Stellungnahme zu dem Ergebnis, dass die bisherigen Strategien zur Bekämpfung des Übergewichts nicht ausreichend waren und dringend verstärkt werden müssen. Denn Dicksein ist nicht nur ein Schönheitsproblem. Übergewicht kann unter anderem zu Zuckerkrankheit und Herzkreislauferkrankungen führen (Bluthochdruck und Gefäßverkalkung). Und damit ist die Lebenserwartung im Erwachsenenalter deutlich geringer als bei Normalgewichtigen.

Stillen und eine ausgewogene Ernährung im Kleinkindesalter hat eine stark schützende Wirkung. Besonders die Zufuhr von Zucker sollte bei Kindern und Jugendlichen nicht mehr als 5% betragen. Besonders kritisch wird die hohe Energiedichte von immer mehr Lebensmitteln, vor allem aus der „fast food“-Ecke, gesehen. Zusammen mit dem Verzehr von zuckerhaltigen Getränken (Cola, Limo, Eistee, Fruchtsaft, Fruchtnektare usw.) ist das Adipositasrisiko dadurch stark erhöht. Im Mittel trinken 11-13 Jährige 450ml zuckerhaltige Getränke am Tag. Dies entspricht einer zusätzlichen Kalorienzufuhr von 180kcal. Wenn dies durch Wasser ersetzt werden könnte, würden die Kinder und Jugendlichen ein Kilogramm weniger in 39 Wochen zunehmen.  Also: Kinder sollen Wasser trinken!

Gleichzeitig wäre wichtig, ein großflächiges Programm zur Ernährungsschulung von Kindern, Eltern, Lehrern und Kinderbetreuern einzuführen. In Studien dazu wurde eindrücklich gezeigt, dass dadurch ein Gesundheits-förderndes Verhalten nachhaltig gelernt wird. Die WHO spricht sich auch für regulatorische Maßnahmen aus, wie eine Besteuerung von zuckerhaltigen Getränken und strikte Begrenzung der an Kinder gerichteten Werbung.

Was können wir tun? Gehen Sie mit gutem Beispiel voran und klären Sie Ihre Kinder über gesunde Ernährung auf. Vielleicht kochen Sie gemeinsam mit den Kindern gesundes Essen? Als Getränke sind Wasser und ungesüßter Tee genau das Richtige. Und Bewegung ist wichtig! Die zunehmend sitzende Lebensweise führt zu weniger Kalorienverbrauch als früher. Bewegung und Sport tut jedem Alter gut.

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert