Smartphone

Fernsehen, Hörspiel und die Sprachentwicklung bei Ein- und Mehrsprachigkeit

In Deutschland ist das Aufwachsen mit mehr als einer Sprache in der Familie für Kinder keine Seltenheit mehr. Schätzungen gehen von etwa einem Drittel aller Kinder aus. Das Beherrschen der deutschen Sprache ist jedoch für das Leben hier in der Gesellschaft essentiell, wofür auch in der Schule notwendige Grundlagen geschaffen werden.

Bekannt ist, dass beim Sprachlernen und somit in der Sprachentwicklung auch die Art der dabei benutzten Medien von Bedeutung ist. Lesen und Vorlesen mit den Eltern gilt allgemein als sehr förderlich. Nicht günstig ist der Konsum von überwiegend bildlichen Medien (Fernsehen), da hier die Kinder die Bilder genießen können, ohne wirklich die dazugehörige Sprache verarbeiten zu müssen.

In einer aktuellen Untersuchung über Ein- und Mehrsprachigkeit mit Kindern im Alter von 5-8 Jahren wiesen mehrsprachige Kinder zu einem Drittel, einsprachige Kinder zu rund 5% Auffälligkeiten im aktiven Wortschatz auf. Bei dem Vergleich der konsumierten Medien zeigte sich, dass alle beteiligten Kinder am liebsten vor dem Fernseher saßen, und zwar einsprachige Kinder im Mittel 52min/Tag und mehrsprachige 71min/Tag. Beides liegt über der für dieses Alter empfohlen Maximaldauer von 45min/Tag. Mehrsprachige Kinder benutzten länger ihr Smartphone und kürzer Hörmedien als gleichaltrige einsprachige Kinder. Eine interessante Beobachtung war auch, dass mehrsprachig aufwachsende Kinder Fernsehen und Hörbücher vor allem in der deutschen Sprache konsumierten.

Nicht überraschend war das Ergebnis, dass Kinder, die viele Bücher lasen und Hörspiele hörten, auch einen besseren aktiven Wortschatz zeigten. Wenn die Bilder wegfallen, läuft die Vermittlung der Inhalte ausschließlich über die Sprache und das bildet wiederum Vorstellungsvermögen und Fantasie und erhöht zudem die Konzentrationsfähigkeit. Natürlich spielen weitere Faktoren eine Rolle. So ist zuvorderst Inhalt und Qualität der Medien von Bedeutung, aber auch die Tatsache, ob Fernsehen und Bücher alleine oder mit den Eltern zusammen angeschaut werden und so der für die Sprachentwicklung so wichtige Dialog entstehen kann.  

Und je höher die sprachliche Kompetenz desto erfolgreicher gelingt Kommunikation in jeder Situation.  Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert

Lernen mit und ohne Bildschirm: Die Digitalisierung im Kinder- und Jugendzimmer

Jugendliche besitzen zu 97% ein Smartphone, sagt eine Studie aus dem Jahr 2017, und sie beschäftigen sich im Durchschnitt 150mal am Tag damit, - das heißt alle 9 Minuten. In den USA bekommt ein Kind meist im Alter von 6 Jahren seine erstes Smartphone. 65%-72% der Jugendlichen haben einen eigenen Computer im Zimmer. Bei den jungen Kindern spielt das Fernsehen, zeitlich gesehen, noch ein große Rolle, dazu kommt die Benutzung der elterlichen Smartphones. Später werden von Jugendlichen und jungen Erwachsenen digitale Medien im Durchschnitt 5-7 Stunden am Tag genutzt, davon 3 bis 5 Stunden für soziale Medien über das Smartphone.

Was machen die digitalen Medien mit unserer Gesundheit? Bereits im Säuglingsalter zeigen sich Fütter- und Einschlafstörungen, wenn die Mutter während der Betreuung des Säuglings häufig digitale Medien nutzt. Benutzen Kinder und Jugendliche vermehrt Computer und Smartphones, fanden sich in einer großen deutschen Studie gehäuft motorische Hyperaktivität, Sprachentwicklungsverzögerungen, Konzentrationsstörungen, Schlafmangel und Adipositas. Die Nutzung digitaler Medien hat auch großen Einfluß darauf, wie unser Gehirn sich formt, also lernt. Wenn bestimmte Nervenzellen viel benutzt werden, bilden sie Netzwerke, die dann immer stabiler werden. Dadurch kann dann das Gehirn wiederum die gewünschten Funktionen schnell zur Verfügung stellen. Ein Pianist hat viele motorische Netzwerke der Hände ausgebildet. Bei unseren Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind im Gehirn die motorischen Netzwerke der Daumen durch das Schreiben am Smartphone groß geworden.

Neurobiologischer Forschung zufolge hängt die Ausbildung der Netzwerke im Gehirn, also das Lernen an sich, von vielen Faktoren ab. Bewegung scheint, gerade im jungen Alter, im direkten Zusammenhang mit der Intelligenzentwicklung zu stehen. Beim Zählen- und Rechnen-Lernen, brauchen Kinder zunächst auch die Finger. Sprechen wird nicht nur über das Hören erlernt, sondern auch durch das Ablesen von den Lippen von Mama und Papa. Der Dialog und die Interaktion sind ganz entscheidend für den Spracherwerb. Das ABC wird durch das Vernetzen mit anderen Sinnen viel besser gelernt, wenn mit dem Stift in der Hand geschrieben wird, als auf der Tastatur.

Das Bildungsministerium stellt für die Digitalisierung in den Schulen viel Geld zur Verfügung. Inzwischen wird in vielen Studien zunehmend deutlich, dass der erhoffte positive Effekt auf das Lernen und Schulleistungen durch vermehrte Nutzung der digitalen Medien per se in der Schule nicht erreichbar ist. Kinder und Jugendliche lernen weiterhin vor allem in Abhängigkeit von der Lehrerperson. Digitale Medien können dann unterstützend eingesetzt werden und hilfreich sein. Ohne Frage ist es in der heutigen Zeit für alle wichtig, sich Kompetenz im Umgang mit dem Internet und den digitalen Medien anzueignen. Die Beurteilung von Aussagen und Angeboten im Internet (Stichwort „fake news“) soll hier nur beispielhaft erwähnt werden.

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert