Nahrungsmittel

Neues und Altes zur Allergieprävention

Allergien nehmen weltweit weiter zu. Genauer gesagt: Es geht um sogenannte atopische Erkrankungen: Damit sind das Asthma bronchiale, der allergische Schnupfen, Nahrungsmittelallergien und das sogenannte atopische Ekzem (früher: Neurodermitis) gemeint. Sie zählen in den hochentwickelten Ländern zu den häufigsten chronischen Erkrankungen des Kindes- und Jugendalter. Die Genetik scheint nur eine untergeordnete Rolle zu spielen, dagegen sind viele Umweltfaktoren in Zusammenhang mit einem erhöhten Allergierisiko gebracht worden. Möglicherweise ist dies auf frühe Veränderungen der Darmflora (des Mikrobioms) zurückzuführen. In einer australischen Studie von 2019 wurde beobachtet, dass Kinder chinesischer Abstammung, die in Australien geboren wurden, eine deutlich geringer Diversität in der Rachen- und Darmflora zeigten als Kinder, die in China selbst zur Welt kamen. Eine ganze Reihe anderer Faktoren beeinflussen das kindliche Mikrobiom: Schlechte Luftqualität im Freien, Leben ohne Kontakt zu landwirtschaftlichen Tieren, schlechte Wohnbedingen wie hohe Feuchtigkeit, Schimmel oder Staubbelastung, Ernährungs- und Lebensstilfaktoren führen zu einem veränderten Darmmikrobiom. Die zunehmende Hygiene in der Umwelt führt darüber hinaus zu einer abnehmenden Vielfalt von Keimen, mit denen sich die Kinder auseinandersetzen können. Dies scheint ebenfalls ein Risiko für die Ausbildung von Allergien durch vielfältige Mechanismen zu sein.

Der Darm des Neugeborenen unterscheidet sich wesentlich von dem eines Erwachsenen. Intensiv wird daher über die Mechanismen zur Toleranzbildung gegenüber Allergenen und Allergieprävention im frühen Säuglingsalter geforscht. Und die Muttermilch ist hier selbstverständlich ein wichtiger Faktor. Leider sind die Ergebnisse noch verwirrend. Während Stillen für viele Erkrankungen eindeutig als schützend angesehen werden kann, ist für die Entstehung von Allergien die Datenlage noch uneinheitlich. Viele Erkenntnisse sind jedoch darüber gewonnen worden, warum die Ergebnisse teilweise so unterschiedlich ausfallen: Unterschiedliche Stillgewohnheiten, die Zusammensetzung der Muttermilch, wie etwa vorhandene oder nicht vorhandene Immunstoffe in der Muttermilch, die Reaktion des Kindes auf die Muttermilch, das Mikrobiom der Mutter sowie Einflüsse von außen auf die Mutter während der Stillzeit werden dafür verantwortlich gemacht.

In den letzten Jahren sind viele neue Studien durchgeführt worden und einige auch noch nicht abgeschlossen. Eine sehr interessante Untersuchung, beispielsweise, hat im Fokus, wie sich die Behandlung von verzehrten Milchen (roh, leicht pasteurisiert oder ultrahoch-erhitzt) darauf auswirkt, wie häufig Kinder an Schnupfen, Mittelohrentzündungen und Allergien erkranken.

Die Leitlinie zur Allergieprävention im Kindesalter wird übrigens aktuell gerade überarbeitet. Umweltfaktoren scheinen für die Allergieentstehung eine große Rolle zu spielen. Das Aufwachsen auf dem Bauernhof schützt Kinder vor Allergien. Tabakrauch, Schimmelpilz- und Schadstoffbelastung fördern Allergien und sollen möglichst vermieden werden.

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert

Brauchen unsere Kinder Superfood?

Superfood, Functional Food, Brainfood oder Beautyfood: was ist das überhaupt?

Nahrungsmittel werden in zunehmenden Maßen mit gesundheitsfördernden Eigenschaften beworben. Allerdings existieren keine rechtlich bindenden Definitionen dafür. Die angeblich positiven Effekte sind häufig nur im Tierversuch und unter nicht-realen Bedingungen (z.B. hohe Dosen) festgestellt worden. Daher sind die Aussagen, wie sich das Produkt positiv auf die Gesundheit auswirken soll, in der Regel sehr allgemein gehalten. Anders verhält es sich mit Lebensmitteln mit dem Zusatz „Novel Food“. Sie unterliegen einem Zulassungsverfahren und sind durch eine EU-Verordnung geschützt.

Problematisch ist auch die Herstellung von Superfood in anderen Ländern: Am Beispiel Chiasamen aus Bolivien lässt sich zeigen, dass lange Transportwege aus weit entfernt liegenden Ländern nicht nur zu einer schlechten CO2-Bilanz führen. Die erhöhte Nachfrage führt zudem zu mehr Einsatz von Pestiziden und Düngern. Erwähnt werden muss auch, dass sich die einheimische Bevölkerung dieses traditionelle Nahrungsmittel wegen der Verzehnfachung des Preises (2009-13) nicht mehr leisten konnte.

Die ideale Ernährung für Kinder ist gut bekannt (Stichwort „Ernährungspyramide“). Überwiegend pflanzlich sollen sich unsere Kinder und Jugendliche ernähren und nur wenig Zucker und Fett zu sich nehmen. Aber die Realität sieht anders aus: Obst und Gemüse wird zu wenig gegessen, dafür Fleisch um die Hälfte mehr als empfohlen, Süßigkeiten und ähnliches sogar zweieinhalb Mal so viel. Das könnte aber doch bedeuten, dass die Versorgung der Kinder und Jugendlichen mit Mikronährstoffen und Vitaminen nicht ausreicht, oder? Glücklicherweise zeigt sich jedoch in den neuesten Ernährungsstudien, dass lediglich beim Vitamin D, Jod und Folsäure bei Kindern und Jugendlichen ein gewisser Mangel nachzuweisen ist.

 

Also haben manche angereicherte Lebensmittel doch ihre Berechtigung?

Richtige Ernährung ist ein sehr komplexes Thema. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) sieht den unkontrollierten Verzehr von Lebensmitteln mit angereicherten Pflanzenstoffen kritisch. Sie sieht die Gefahr einer Überdosierung und warnt vor noch unbekannten Risiken. In einer Umfrage bei Jugendlichen wird die Häufigkeit von Supplementeinnahmen bis zu sieben Mal in der Woche angegeben. Viel effektiver und einfacher wäre, die gewünschten Effekte mit einer ausgewogenen, vielfältigen Ernährung zu erreichen. Smoothies und buntes Müsli ist eine sehr gute Alternative zu Superfood. Mahlzeiten selbst zuzubereiten macht Spass und fördert das Verständnis für Lebensmittel und richtige Ernährung enorm. Und es schmeckt besser. Guten Appetit!

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert

 

Nahrungsmittelallergien im Kindesalter

Echte, sogenannte primäre Nahrungsmittelallergien entstehen bereits im Säuglingsalter. Sie kommen häufig vor und können manchmal zu lebensbedrohlichen Reaktionen führen. Häufig sind hier Allergien gegen Hühnerei, Kuhmilch, Erd- und Baumnüsse, Weizen, Soja und Fisch. Schulkinder entwickeln oft eine sekundäre Nahrungsmittelallergie. Hier ist nicht das Nahrungsmittel der primäre Allergie-Auslöser, sondern Pflanzenpollen. Allen voran die Birke ist in ihren Allergiekomponenten (Allergenen) sehr verwandt mit verschiedenen Nahrungsmittel. Birkenallergiker reagieren beispielsweise gerne auch auf Haselnuss, Apfel und Karotte. Das Besondere dabei ist, dass diese Nahrungsmittel in erhitzter Form oft gut vertragen werden, während bei den primären Nahrungsmittelallergien die Lebensmittel in jeder Form zu einer allergischen Reaktion führen.

Bei echten Nahrungsmittelallergien reagieren die Kinder in der Regel sofort. Fast immer zeigt sich eine Reaktion an der Haut: Es kann zu Rötung und Schwellung kommen. Aber auch der Magen-Darm-Trakt kann mit Durchfall und Erbrechen beteiligt sein. Weiter kann es zu Atemnot und Kreislaufproblemen kommen.

Bei den pollenbedingten Nahrungsmittelallergien ist eher der Mund und Rachen betroffen. Jucken und Schwellung sind häufig, schwere Reaktionen sind dagegen selten.

Was kann man tun?

Im Augenblick ist die einzig empfohlene Therapie für primäre Nahrungsmittelallergien das vollständige Meiden des betreffenden Nahrungsmittels. Bei sekundären Nahrungsmittelallergien ist möglicherweise die Durchführung einer Hyposensibilisierung sinnvoll. Dabei wird dem Patient in steigender Konzentration das  Pollenallergen zugeführt und der Köper sozusagen daran gewöhnt. Oft verschwindet damit dann auch die Reaktion auf Nahrungsmittel. Für die primären Nahrungsmittelallergien gibt es noch keine Empfehlungen einer Hyposensibilisierung. Die laufenden Studien hierzu sind jedoch vielversprechend.

Patienten mit schweren Reaktionen gegen Nahrungsmittel sollten immer ein „Notfallset“ und einen Allergiepass mit sich führen. Häufig treten diese Reaktionen gerade in der Schule oder im Kindergarten auf. Eine Anleitung der Betreuungspersonen zur Verwendung des Notfallsets ist sehr wichtig.  

Gerade im Säuglings- und Kleinkindesalter ist es gar nicht so einfach darauf zu achten, dass durch das Vermeiden des Allergie-auslösenden Nahrungsmittels keine Fehlernährung entsteht. Eine professionelle Beratung kann hier helfen und möglicherweise die Ernährung erleichtern. Glücklicherweise verschwinden gerade die Hühnerei- und Kuhmilchallergien sehr häufig wieder innerhalb eines Jahres.

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr.med. Anette Meidert