Entwicklung

Gehen – wie geht das?

„Mein Kind hat angefangen zu laufen“ wird von den Eltern strahlend berichtet. Gehen lernen ist eine der großartigsten Ereignisse im Kleinkindesalter. Wann und wie Ihr Kind Laufen lernt, ist individuell sehr unterschiedlich. Und Gehen ist ganz schön kompliziert: Wir unterscheiden eine Stand- und Schwungphase. Die Füße müssen richtig gesetzt und das Becken (und damit der ganze Körper) gehalten werden. Das Gleichgewicht ist wichtig und generell muss die gesamte Muskulatur des „Geh-apparats“ trainiert werden. Bis zum Alter von sieben Jahren „reift“ das Gehen der Kinder, danach verändert sich das Gangbild nur noch gering, am meisten noch in der Pubertät.

Vieles ist normal: Im Kleinkindesalter haben fast alle Kinder „Plattfüße“... oder zumindest sieht es durch das Fettpolster des Kleinkind-Fußes so aus. Die Fußmuskulatur muss sich noch über Jahre entwickeln und verändert das Aussehen des Fußes noch erheblich. Die Achsenstellung der Beine durchläuft ebenso in den ersten Jahren einen große Wandel: Fast alle Kinder kommen mit „O“-Beinen auf die Welt. Diese werden dann zu „X“-Beinen und ab dem Alter von fünf Jahren gerade. Häufig ist gerade zu Beginn des Laufens ein „Einwärtsgang“ zu beobachten. In den allermeisten Fällen „wächst sich dies aus“: Die Aufrichtung des Gehapparats in der Hüfte und die Rotation der Beinachse spielen hier eine Rolle. Auch die Unterschenkel- und die Fußstellung ist für das Laufen wichtig. Ihre Kinderärztin schaut sich deswegen bei den Vorsorgen weit vor Beginn des Laufens die Beine und Füße an, um Behandlungs-bedürftige Fehlstellungen zu erkennen.  

Leider gibt es in jedem Alter Erkrankungen an den Beinen, die zu einer Störung des Gehens führen können. Entzündungen an den Sehnen, Gelenken und Störungen im Knochenstoffwechsel sind oft nicht leicht zu erkennen. Wenn Ihr Kind zu Hinken anfängt, über Schmerzen klagt oder oft hinfällt, sollten Sie in jedem Falle Ihre Kinderärztin aufsuchen. Glücklicherweise sind die meisten Erkrankungen gut zu behandeln. Und durch das Wachstum können die Kinder sogar auch angeborene Fehlbildungen oft so gut ausgleichen, dass später Bewegung und Sport ganz normal möglich ist.  

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert

 

Vitamin D: Woher? Wofür?

Vitamin D ist wichtig. Das ist klar. Aber was macht Vitamin D eigentlich?

Es ist wichtig für die Aufnahme und Verarbeitung von Calcium und Phosphor und entscheidend für einen stabilen Knochenaufbau und gesunde Zähne. Es trägt viel zu der normalen Entwicklung im Kindesalter bei. Nerven und Muskeln und auch viele Zell-und Stoffwechselfunktionen brauchen Vitamin D. Etwa 90% unseres Vitamin D-Bedarfs bilden wir beim Aufenthalt in der Sonne in der Haut. Die übrigen10% des Vitamin D nehmen wir über die Nahrung auf. Aber nur wenig Lebensmittel enthalten Vitamin D in nennenswerter Menge: Fetthaltiger Fisch, Leber, mit Vitamin D angereicherte Nahrungsmittel und Eigelb. Eine Reihe von Untersuchungen zeigen, dass die Versorgung von Vitamin D in allen Altersstufen oft nicht optimal ist, vor allem in den Wintermonaten.

Wie sieht ein Vitamin D Mangel aus?

Symptome sind bei Kindern unter anderem „weiche Knochen“ mit ausgeprägten X- und O-Beinen (die sogenannte Rachitis), eine motorische Entwicklungsverzögerung, verzögerter Zahndurchbruch, Muskelschmerzen und Ermüdbarkeit. Eine erhöhte Infektanfälligkeit kann die Folge eines Vitamin D Mangels sein.

Die große Studie zur Kinder- und Jugendgesundheit (KIGGS) zeigt, dass Kinder und Jugendliche in Deutschland etwa zwei Drittel Vitamin D-Werte unter dem Normbereich zeigen und im Durchschnitt deutlich weniger Vitamin D durch die Nahrung erhalten, als erwünscht.    

Was können wir dagegen tun?

Säuglinge sollen bis zum zweiten Frühsommer zusätzlich zur Nahrung Vitamin D erhalten. Die deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, zwischen März und Oktober zwei- bis dreimal pro Woche Gesicht, Hände und Arme unbedeckt und ohne Sonnenschutz der Sonne auszusetzen (10-25 Minuten). Sonnenbrand sollten Sie dabei jedoch unbedingt vermeiden. Der Verzehr von Vitamin-D-haltigen Fischsorten 1-2/Woche ist wünschenswert. In Deutschland ist es aufgrund der Gefahr der Überdosierung grundsätzlich verboten, Lebensmittel mit Vitamin D anzureichern. Für mehrere Produkte (z. B. Margarine, Kinderquark, Orangensaft) gibt es jedoch eine Ausnahmegenehmigung. In Finnland beispielsweise werden verschiedene Milchprodukte und Brotaufstriche mit Vitamin D angereichert. Es ist jedoch unklar, ob dies zu einer ausreichenden Vitamin D Versorgung gerade in den Wintermonaten führt.

Also: Ab nach draußen! Bewegung im Freien tut der ganzen Familie gut.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert

 

Laufen Lernen ist gar nicht so einfach...

In den ersten Jahren kann man über die rasante Entwicklung der Kinder auf allen Ebenen nur staunen. Gerade geboren, schon hebt das Kind den Kopf, ein Jahr später will es schon loslaufen. Neben der sprachlichen und sozialen Entwicklung steht die motorische Entwicklung gerade in den ersten Jahren ganz im Zentrum und bildet gewissermaßen die Gesamtentwicklung des Kindes ab.

Tatsächlich zeigen neueste Untersuchungen aus der Hirnforschung, dass motorisches Lernen bereits sehr früh in der Schwangerschaft beginnt. Erste Bewegungen wurden schon ab der achten Schwangerschaftswoche nachgewiesen. Nach der Geburt hat das Neugeborene bereits ein Repertoire an Bewegungen, die primär noch weitgehend unwillkürlich sind und in ihrer Ausprägung vor allem genetischen Einflüssen unterliegen. Sehr schnell jedoch beginnt das Kind zu lernen. Es sucht sich aus seinen persönlichen Erfahrungen die effizientesten Bewegungsabläufe heraus und passt sie seinen individuellen Bedürfnissen an. Aus der Neurobiologie weiß man, dass das Gehirn entsprechend Synapsen strukturell organisiert und Verknüpfungen auswählt. Von der Entwicklung dieser ganz basalen motorischen Fähigkeiten ist das Erlernen der späteren, sehr interessensabhängigen Fähigkeiten wie etwa Fußballspielen oder Radfahren abzugrenzen. Hier steht die Übung ganz im Vordergrund und der Erhalt der erworbenen Fähigkeit beansprucht wiederum andere Hirnfunktionen.

Wichtig ist, zu wissen, dass die Bandbreite der motorischen Entwicklung sehr groß ist. Manche Entwicklungsschritte werden ausgelassen und nicht alle Kinder nehmen den gleichen Weg. Anhand des Laufen-Lernens ist dies gut sichtbar: Bis zu 15% aller Kinder krabbeln nie. Sie bevorzugen, auf dem Gesäß vorwärts zu rutschen. Diese Kinder haben für sich entschieden, dass für sie die aufrechte Position zur Vorwärtsbewegung besser passt.

Ihre Kinderärztin wird bei den Vorsorgeuntersuchungen viel Zeit auf die Einschätzung des motorischen Entwicklungsstandes Ihres Kindes verwenden. Für bestimmte Altersgrenzen gibt es motorische Entwicklungsziele, die 90-95% aller Kinder erreichen. Es wird jedoch nicht nur beurteilt, welche Ziele ihr Kind schon erreicht hat, sondern auch wie es bestimmte Aufgaben löst. Und auch hier ist die Bandbreite groß. Beim Laufen sind die ersten Schritte noch sehr unsicher und breitbeinig. Hingefallen wird häufig und Aufstehen will auch gelernt sein. Und bald sind die Kinder so schnell, dass Sie kaum mehr hinterher kommen... 

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert

Mein Kind speichelt so sehr! Ist das noch normal?

Das Sabbern im Kleinkindesalter gehört dazu. Warum ist es dann bei manchen Kindern ausgeprägter als bei anderen? Wo kommt der viele Speichel her?

Die Produktion von Speichel beginnt tatsächlich schon im Mutterleib und hält ein Leben lang an. Bei den Erwachsenen ist dies mindestens ein halber Liter Speichel pro Tag. Wir haben drei Paare von großen Speicheldrüsen (Ohrspeichel-, Unterkiefer- und Zungenspeicheldrüse) sowie zahlreiche kleine Drüsen im Mund- und Rachenbereich. Der Speichel befeuchtet und schützt die Mundschleimhaut und sorgt quasi als „Schmierstoff“ dafür, dass Nahrung gut geschluckt werden kann. Die Regulation der Menge und Zusammensetzung des Speichels erfolgt vegetativ. Wenn wir gutes Essen sehen, oder auch nur daran denken, wird sofort mehr Speichel produziert. Sind wir aufgeregt oder nervös, wie vor einer Prüfung, sorgt der Sympatikus dafür, dass der Mund ganz trocken wird. Die Speichelproduktion wird gedrosselt.

Wird zu wenig Speichel produziert, leiden die Schleimhäute und Zähne. Die Schutzschicht fehlt. Schmecken und Reden wird schwieriger. Darüberhinaus fehlen dann Enzyme, die die Nahrung für die Verdauung vorbereiten.

Fließt sehr viel Speichel aus dem Mund, kann das verschiedene Ursachen haben. Es kann zu viel produziert werden oder der Abtransport des Speichels ist gestört. Das Erlernen von richtigem Schlucken ist Teil der normalen Entwicklung. Wenn diese gestört ist, kommt es oft zu mehr Speichelabfluß aus dem Mund. Viel häufiger sind jedoch vorübergehende Beschwerden im Mund- und Rachenbereich dafür verantwortlich. Wenn Schlucken und Kauen schmerzt, nehmen Kinder eine Schonhaltung ein und lassen den Speichel einfach aus dem Mund fließen. Mund- und Halsentzündungen stehen hier an erster Stelle. Aber auch sehr große Tonsillen, Fremdkörper oder Verbrühungen können zur Beeinträchtigung des normalen Speichelschluckens führen. Daneben gibt es noch eine Reihe anderer, seltener Ursachen für vermehrten Speichelfluß, beispielsweise große Blutschwämme in der Mundhöhle.

Nachts wird übrigens der Speichelfluß gedrosselt. Allerdings sieht es gerade bei Kleinkindern oft anders aus, wenn morgens das Kopfkissen sehr nass ist. Verantwortlich kann der verminderte Muskeltonus im Schlaf sein. Der Mund steht offen und der Speichel läuft einfach heraus. Häufig trägt auch eine behinderte Nasenatmung dazu bei. Vielleicht schnarcht Ihr Kind auch ein bisschen? Ein Infekt oder große Polypen können hier die Auslöser sein. Empfehlenswert ist ein Besuch bei Ihrer Kinderärztin. Eine echte Überproduktion von Speichel ist übrigens eher selten und bedarf sorgfältiger Diagnostik.

In der Regel ist das übermäßige Sabbern bei Kleinkindern Ausdruck der normalen Entwicklung und geht erfreulicherweise vorbei. 

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert

 

 

Computer, Smartphone, Fernseher-weniger Bildschirmzeit ist gesünder

Kinder und Jugendliche verbringen immer mehr Zeit vor Bildschirmen, in den USA sogar zwischen 7 und 11 Stunden pro Tag.  Und auch unter 2-jährige sitzen schon vor dem Fernseher. Inzwischen gibt es viele Studien zu den gesundheitlichen Auswirkungen dieses Trends:

Kinder und Jugendliche, die viel Zeit vor Bildschirmen verbringen, sind häufig übergewichtig. Das liegt nicht nur an der fehlenden Bewegung, sondern auch direkt am Essen. Untersuchungen zeigen, dass ganz allgemein beim Essen vor dem Bildschirm ungesünder gegessen wird. Es wird weniger Obst und Gemüse verzehrt, dafür mehr stark gezuckerte oder gesalzene Speisen. Möglicherweise trägt dies zusammen mit dem Konsum von Filmen mit schnellen Bildsequenzen auch dazu bei, dass bei betroffenen Kindern die Aufmerksamkeitsfähigkeit verkürzt sein kann. In einer Studie wurde beobachtet, dass der Schulabschluss vor allem bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen gefährdet war, die mindestens ein bis zwei Stunden pro Tag fernsahen.

Auch der Schlaf ist gefährdet, wenn viel Zeit vor dem Bildschirm verbracht wird.

Die Kinder schlafen schlecht ein und die Schlafqualität leidet. Nachtschreck und Alpträume sind besonders bei Kindern, die einen Fernseher im Kinderzimmer haben gehäuft. Aber nicht nur der Fernseher spielt eine Rolle, auch die Handybenutzung nach dem Lichtausschalten führt zu gestörter und kürzerer Nachtruhe. Die Kinder und Jugendlichen sind tagsüber dann vielfach müde. In Studien wurde gezeigt, dass in diesen Fällen die Leistungen vor allem in Mathematik und Lesen schlechter ausfallen.

Aus diesem Anlass wurden von verschiedenen Fachgesellschaften Empfehlungen zu Bildschirmzeiten herausgegeben:

- Kinder unter zwei Jahren sollten keine Zeit vor dem Bildschirm verbringen. Sie können noch nicht zwischen dem echten und dem „Bildschirm“-Leben unterscheiden. Sprachentwicklungsstörungen und Aufmerksamkeitsprobleme können die Folge sein.

- Kinderzimmer sollten generell „Bildschirm“-frei bleiben. Dazu gehört auch das Handy.

- Die Zeit vor Bildschirmen sollte bis zum Vorschulalter höchstens 30 min/Tag betragen. Sie kann dann bis zum Jugendalter ausgeweitet werden, sollte aber auch dann nicht 2 Stunden am Tag überschreiten.

- Kinder und Jugendliche sollten nur altersgerechte Inhalte sehen.

- Die Zeit vor dem Schlafengehen, der Schule oder Kindergarten sollte bildschirmfrei bleiben.

- Spielen Sie mit Ihren Kindern Gesellschaftsspiele und lesen Sie Ihren Kindern sooft wie möglich vor.

Das fördert die Entwicklung, das Sozialverhalten und regt die Phantasie an.

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert