Neurodermitis: Was ist das eigentlich genau?

Die atopische Dermatitis, auch Neurodermitis genannt, ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen im frühen Kindesalter. Etwa 13% aller Kinder haben damit schon Bekanntschaft gemacht.

Wie sieht die atopische Dermatitis aus?

Es bilden sich trockene Hautstellen, die sich leicht entzünden und sehr jucken können. Im Säuglingsalter ist oft der Kopf, das Gesicht und der Hals, sowie die Streckseiten der Arme und Beine betroffen. Später verlagern sich die Ekzemstellen dann zu den Ellenbeugen und Kniekehlen. Durch häufiges Kratzen kann es zu einer Vergröberung des Hautreliefs kommen. Bakteriellen Infektionen bereiten der entzündeten Haut zusätzlich Probleme. Infektionen mit Herpes und Dellwarzen können zudem bei betroffenen Kindern heftiger verlaufen.

Woher kommt die Erkrankung?

Sind oder waren beide Eltern bereits betroffen, haben die Kinder ein größeres Risiko, ebenfalls eine atopische Dermatitis zu entwickeln. Die genaue Ursache ist weiterhin unklar. Sicher ist, dass die Hautbarriere gestört ist. Dadurch kommt es zu einem erhöhten Wasserverlust über die Haut. In bis zu 40% der Kinder ist dabei auch ein bestimmtes Haut-Gen (Filaggrin) verändert, welches zu der veränderten Hautarchitektur beiträgt. Vor allem im Säuglingsalter können auch Nahrungsmittelallergien eine Rolle spielen.

Wie wird behandelt?

Die Behandlung der atopischen Dermatitis wird sehr auf den individuellen Patienten abgestimmt und erfordert eine Vielzahl von Maßnahmen. In jedem Falle sollen Faktoren, die die Hauterkrankung verschlimmern, vermieden werden (beispielsweise bestimmt Nahrungsmittel). Zudem wird Ihnen Ihre Kinderärztin eine Basistherapie empfehlen. Die regelmäßige Hautpflege ist wichtig. Oft werden im Säuglingsalter  Cremes mit hohem Glycerin-Anteil, bei älteren Kindern auch Harnstoff-haltige Cremes eingesetzt. Verschlimmern sich die Ekzemstellen, werden antientzündliche Cremes notwendig werden. Oft ist die Behandlung des Juckreizes die größte Herausforderung.

Sind präventive Maßnahmen möglich?

In den aktuellen Leitlinien ist für Risikokindern (das heißt für Kinder von Eltern mit einer Erkrankung wie Heuschnupfen, Asthma oder einer atopischen Dermatitis) empfohlen: Fisch soll in der Schwangerschaft und als Beikost in der Säuglingszeit verzehrt werden. Wenn möglich, soll bei der Entbindung ein Kaiserschnitt vermieden  und bis zum vollendeten 4. Lebensmonat voll gestillt werden. Danach soll normal mit der Beikost begonnen werden. Passivrauchen und Kontakt mit Luftschadstoffen soll vermieden werden.

Auf alle Fälle gilt: Sorgfältige Hautpflege ist wichtig. Und glücklicherweise sind die meisten Kinder bis zum 10. Lebensjahr wieder gesund.

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr.med. Anette Meidert

Sommerzeit-Unfallzeit

Kinder und Jugendliche haben einen großen Bewegungsdrang. Da ist es nur natürlich, dass sie sich auch einmal verletzen.

Meist sind es glücklicherweise kleinere Missgeschicke.  Bei etwa 15% aller Unfälle von Kindern und Jugendlichen ist jedoch eine Krankenhausbehandlung notwendig (Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland bis 2017, KiGGS).

Dabei spielt das Alter der Kinder eine Rolle: Säuglinge und Kleinkinder verletzen sich am häufigsten zuhause, während Schulkinder und Jugendliche eher draußen, beim Sport und in der Schule Unfälle erleiden.  

Vieles könnte vermieden werden: Der Säugling auf dem Wickeltisch wartet nur darauf, dass Sie sich umdrehen, um seinen ersten Flugversuch zu unternehmen.

Kleinkinder sind unendlich neugierig und sie finden garantiert alle Schwächen in den Sicherheitsgittern. Die Anziehungskraft der Treppe ist magisch und nach draußen zum Teich wollten sie schon den ganzen Winter...

Bei Schulkindern und Jugendlichen sind die Verkehrsunfälle ganz oben in der Statistik. Fahrradhelme tragen ganz wesentlich dazu bei, dass Stürze auf den Kopf glimpflich ablaufen. Leider kam aber in der oben genannten Studie heraus, dass die Kinder und Jugendlichen die Fahrradhelme nicht so häufig tragen, wie Ihre Eltern das denken. Gleich danach kommen die Unfälle im Sport. Doch das heißt nicht: Sport ist gefährlich. Ganz im Gegenteil: Regelmäßige körperliche Bewegung fördert Reaktionsfähigkeit und motorische Koordination. Unfälle können dadurch vermieden werden und die Kinder haben viel Spaß dabei.

Und wenn doch einmal etwas passiert, ist es sehr wichtig, Ruhe zu bewahren. Kinder und Jugendliche reagieren sofort auf Ihre Reaktion. Wenn Sie sehr erschrecken, verstärkt dies die Aufregung um ein Vielfaches. Also: Tief durchatmen und erst nachsehen, was genau passiert ist. Oft ist der Schreck das größte Übel. Schürf- und Platzwunden beispielsweise können sehr bluten, sind aber meist harmlos.

Und: Wie aktuell ist der Tetanusschutz? Wie gut ist Ihr Erste-Hilfe-Kasten ausgestattet? Haben Sie noch genug Desinfektionsmittel, Pflaster und Trostpflaster? Und wenn es tatsächlich einmal ernster ist, haben Sie bestimmt die Telefonnummer einer netten Kinder- und Jugendärztin zur Hand, die Ihnen weiterhilft.  Mit Verband und Gummibärchen.

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr.med. Anette Meidert

Darm und Gesundheit – Was wissen wir schon?

Bereits im letzten Jahrhundert waren Forscher der Bakteriologie, wie Robert Koch und Louis Pasteur, davon überzeugt, dass die Bakterien im Darm großen Einfluss auf die Gesundheit und Entwicklung des Menschen haben. Intensive Forschung in den letzten Jahren ergaben neue Erkenntnisse über die Wechselwirkungen des Mikrobioms (das ist die Gesamtheit der Bakterien) mit dem Immunsystem und beispielsweise der Entstehung von entzündlichen Erkrankungen. Wir wissen, dass direkt nach Geburt der Darm nur wenig von Bakterien besiedelt ist. Bis zu drei Jahren kann es dauern bis der Körper „sein“ Mikrobiom gefunden hat und die Artenvielfalt der Bakterien in etwa der des Erwachsenen entspricht. Eine große Vielfalt der Darmbakterien scheint günstig für die Gesundheit zu sein. Umgekehrt zeigen manche Darmerkrankungen, Allergien und die Adipositas einen Zusammenhang mit einer geringeren und bestimmten Artenvielfalt der Darmbakterien.

Kann also durch die Gabe von „guten Darmbakterien“ (Probiotika) oder von Stoffen, die deren Wachstum begünstigen (Präbiotika), die Gesundheit gefördert werden kann? Die Antwort ist schwierig: Ein einheitlicher Wirkmechanismus ist derzeit nicht bekannt. Die Wirkungsweisen sind unglaublich komplex. Aber in einigen Studien gibt es Hinweise auf eine positive Wirkung. In einer neuseeländischen Studie sind durch die Gabe eines bestimmten Bifidobakterium (Milchsäurebakterium) an Mütter und deren Kinder weniger Probleme mit Neurodermitis und damit assoziierten Erkrankungen gesehen worden. Auch bei bestimmten, v.a. bakteriellen Darmerkrankungen, scheint die Gabe von Probiotika helfen zu können.

Klar ist, dass die Ernährung im frühen Säuglingsalter einen wesentlichen Einfluss auf die Darmbesiedelung hat. Muttermilch ist der wichtigste Lieferant für die „guten“ Bifidobakterien. Daher werden immer mehr der künstlichen Säuglingsmilchen mit Probiotika ergänzt. In den neuesten Untersuchungen ist dies als sicher zu werten, aber inwieweit tatsächlich Erkrankungen damit positiv beeinflusst werden, bleibt abzuwarten.

Gerade im Kindesalter ist der Einsatz von Probiotika inzwischen weit verbreitet. Der Therapieerfolg ist jedoch von sehr vielen verschiedenen Faktoren abhängig. Sicher spielt der aktuelle Zustand der Darmbakterien, das Alter des Kindes und nicht zuletzt die Art der gegebenen Bakterien eine große Rolle. Auch die Umwelt und die genetische Ausstattung des Kindes und der Bakterien sind von Bedeutung. Es bleibt  spannend.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert

Bluthochdruck-eine Volkskrankheit, auch im Kindesalter?

Mindestens jeder dritte Erwachsene in Deutschland leidet an Bluthochdruck. Er ist die häufigste Ursache auch für schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, beispielsweise einen Herzinfarkt. Das Risiko für einen Bluthochdruck steigt mit dem Alter. Aber wann beginnt es?

Mehr als 3% aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland sind betroffen. Allerdings zeigen Studien, dass ungefähr nur ein Viertel der erhöhten Blutdruckwerte auch entdeckt werden. Die Ursachen für einen Bluthochdruck sind vielfältig. Je jünger ein Kind ist, desto eher können andere, noch unerkannte Erkrankungen, wie eine Herz- oder Nierenerkrankung oder eine hormonelle Störung, Ursache der erhöhten Blutdruckwerte sein. Auch das Essen von Unmengen von Lakritze oder Schlafstörungen können dazu führen. Übergewicht ist weiterer Risikofaktor. Und leider ist zu beobachten, dass vor allem bei den Jugendlichen durch Bewegungsmangel und Gewichtszunahme der Bluthochdruck immer häufiger vorkommt.

Wann ist nun der Blutdruck bei Kindern und Jugendlichen zu hoch?

Das ist nicht so einfach zu beantworten. Der Blutdruck steigt mit der Größe und dem Alter. Aus der großen Studie zur Gesundheit  von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KIGGS, 2003-2006) haben wir aktuelle Daten. Wie für viele andere Werte, etwa für Größe und Gewicht, gibt es für den Blutdruck sogenannten Perzentilenkurven. Wenn der Blutdruck über der 95.Perzentile liegt, sprechen wir von Bluthochdruck.  Dies bedeutet: 95 von 100 gesunden, nicht übergewichtigen Kindern haben einen niedrigeren oder gleichen Blutdruck wie der angegebene Wert.

Wenn bei Ihrem Kind erhöhte Blutdruckwerte festgestellt wurden, ist es wichtig, eine ausführliche Untersuchung in der Kinderkardiologie durchzuführen. Je früher ein Bluthochdruck entdeckt und behandelt wird, desto eher lässt sich das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen reduzieren.

Was können Sie tun?

Ausgewogene Ernährung, ausreichend Schlaf und mindestens eine Stunde Bewegung am Tag beugt in jedem Alter Bluthochdruck vor. Und gehen Sie zu den üblichen Vorsorgeuntersuchungen. Ab dem Alter von 3 Jahren (ab der U7a) sollte der Blutdruck gemessen und mit den entsprechenden Alters- und Größenperzentilen verglichen werden.

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert

Lernen mit und ohne Bildschirm: Die Digitalisierung im Kinder- und Jugendzimmer

Jugendliche besitzen zu 97% ein Smartphone, sagt eine Studie aus dem Jahr 2017, und sie beschäftigen sich im Durchschnitt 150mal am Tag damit, - das heißt alle 9 Minuten. In den USA bekommt ein Kind meist im Alter von 6 Jahren seine erstes Smartphone. 65%-72% der Jugendlichen haben einen eigenen Computer im Zimmer. Bei den jungen Kindern spielt das Fernsehen, zeitlich gesehen, noch ein große Rolle, dazu kommt die Benutzung der elterlichen Smartphones. Später werden von Jugendlichen und jungen Erwachsenen digitale Medien im Durchschnitt 5-7 Stunden am Tag genutzt, davon 3 bis 5 Stunden für soziale Medien über das Smartphone.

Was machen die digitalen Medien mit unserer Gesundheit? Bereits im Säuglingsalter zeigen sich Fütter- und Einschlafstörungen, wenn die Mutter während der Betreuung des Säuglings häufig digitale Medien nutzt. Benutzen Kinder und Jugendliche vermehrt Computer und Smartphones, fanden sich in einer großen deutschen Studie gehäuft motorische Hyperaktivität, Sprachentwicklungsverzögerungen, Konzentrationsstörungen, Schlafmangel und Adipositas. Die Nutzung digitaler Medien hat auch großen Einfluß darauf, wie unser Gehirn sich formt, also lernt. Wenn bestimmte Nervenzellen viel benutzt werden, bilden sie Netzwerke, die dann immer stabiler werden. Dadurch kann dann das Gehirn wiederum die gewünschten Funktionen schnell zur Verfügung stellen. Ein Pianist hat viele motorische Netzwerke der Hände ausgebildet. Bei unseren Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind im Gehirn die motorischen Netzwerke der Daumen durch das Schreiben am Smartphone groß geworden.

Neurobiologischer Forschung zufolge hängt die Ausbildung der Netzwerke im Gehirn, also das Lernen an sich, von vielen Faktoren ab. Bewegung scheint, gerade im jungen Alter, im direkten Zusammenhang mit der Intelligenzentwicklung zu stehen. Beim Zählen- und Rechnen-Lernen, brauchen Kinder zunächst auch die Finger. Sprechen wird nicht nur über das Hören erlernt, sondern auch durch das Ablesen von den Lippen von Mama und Papa. Der Dialog und die Interaktion sind ganz entscheidend für den Spracherwerb. Das ABC wird durch das Vernetzen mit anderen Sinnen viel besser gelernt, wenn mit dem Stift in der Hand geschrieben wird, als auf der Tastatur.

Das Bildungsministerium stellt für die Digitalisierung in den Schulen viel Geld zur Verfügung. Inzwischen wird in vielen Studien zunehmend deutlich, dass der erhoffte positive Effekt auf das Lernen und Schulleistungen durch vermehrte Nutzung der digitalen Medien per se in der Schule nicht erreichbar ist. Kinder und Jugendliche lernen weiterhin vor allem in Abhängigkeit von der Lehrerperson. Digitale Medien können dann unterstützend eingesetzt werden und hilfreich sein. Ohne Frage ist es in der heutigen Zeit für alle wichtig, sich Kompetenz im Umgang mit dem Internet und den digitalen Medien anzueignen. Die Beurteilung von Aussagen und Angeboten im Internet (Stichwort „fake news“) soll hier nur beispielhaft erwähnt werden.

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert