Depression

Viel Sitzen macht depressiv....

Im Jugendalter scheint viel Sitzen nicht nur schädlich für die Gesundheit zu sein, sondern mit einem erhöhten Risiko für Depressionen einherzugehen. Eine ganz neue, großangelegte Studie hat einen deutlichen Zusammenhang aufgezeigt. Über sechs Jahre hinweg wurden Jugendliche im Alter von 12 bis 18 Jahren begleitet und untersucht: Zwischen 12 und 16 Jahren nahm der Anteil des täglichen Sitzens kontinuierlich zu, - und dies auf Kosten von leichter körperlicher Aktivität (beispielsweise langsames Gehen). Der Anteil moderater und stärkerer körperlicher Aktivität (etwa Joggen) blieb über die Jahre gleich. Das ist zumindest erfreulich. Jedoch zeigte sich, dass schon eine Stunde pro Tag weniger leichte Aktivität zu einer Zunahme von depressivem Verhalten führte. Waren die Jugendlichen von vornherein sehr inaktiv (Marke „Couch-Potatoes“), stiegen ihre Depressionswerte im Alter von 18 Jahre höher als bei den Alterskollegen an.

 Wir wissen schon länger: Sich viel bewegen ist wichtig. Das stimmt im Grunde für jedes Lebensalter. Kinder und Jugendliche brauchen sportliche Betätigung, nicht nur um motorische Geschicklichkeit und Koordination zu trainieren, sondern vor allem um eine gesunde und ausgewogene körperliche und seelische Entwicklung überhaupt erst zu ermöglichen.

Die Empfehlung ist: Mindestens eine Stunde am Tag (ob dies allerdings ausreicht, ist wissenschaftlich noch nicht endgültig geklärt). Die große deutsche Gesundheitsstudie KiGGS aus dem Jahr 2007 zeigte jedoch drastisch auf, dass diese eine Stunde Bewegung lediglich von jedem vierten Jungen und jedem sechsten Mädchen erreicht wird. Und ein Viertel der befragten Grundschüler gab an, nur einmal in der Woche im Freien zu spielen.

Die WHO-Empfehlungen sprechen von Bewegung mit moderater bis starker Intensität. Die erwähnte Studie lässt vermuten, dass schon eine Verringerung der sitzenden Tätigkeiten und eine Erhöhung von leichter Aktivität zumindest eine „antidepressive“ Wirkung haben könnte.

Leider sitzen unsere Kinder und Jugendlichen seit Computer- und Smartphonezeiten viel, in der augenblicklichen Lage mit Corona noch mehr. Ein Bewegen und Spielen im Freien, insbesondere Sportgruppen sind nicht möglich. Mit „homeschooling“ und Hausaufgaben fällt selbst der Schulweg häufig weg...

Unterstützen Sie jede Neigung zu Bewegung und Sport. Also schon Aufstehen, Herumgehen, Dehnen hat einen positiven Einfluss auf die Stimmungslage, auch langfristig. Werden Sie kreativ, machen Sie einen Familienbewegungsplan für jeden Tag. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran. Sport und Bewegung ist notwendig für die körperliche und seelische Gesundheit nicht nur des einzelnen, sondern der ganzen Familie.

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert

Tic-Störung im Kindesalter, was ist das eigentlich?

Augenzwinkern, Schultern-Zucken, Räuspern, Schnalzen und vieles mehr gehören zu den einfachen Tic-Störungen im Kindesalter. Typischerweise beginnen Tics im Bereich des Gesichts und breiten sich dann über den Kopf-Schulter-Bereich zu den Armen aus. Charakterisiert sind die Tics durch unwillkürliche, rasch einschießende Bewegungen oder Lautäußerungen, die plötzlich auftreten und keinem klaren Ziel dienen. Bei den komplexen Tic-Störungen sind die Bewegungen komplizierter und könne auch das Berühren anderer Menschen beinhalten. Möglicherweise werden auch ganze Wörter oder Sätze „herausgeschleudert“, in der Regel völlig ohne Zusammenhang. Viele Patienten berichten, dass sie spüren, wenn ein Tic kommt. Für kurze Zeit können sie meist den Tic auch unterdrücken, allerdings tritt er danach dann umso heftiger auf.

Bis zu 15% der Kinder sind betroffen. Häufig ist der Beginn im Grundschulalter, Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen. Vielfach zeigen die Tics einen wellenförmigen Verlauf: in Zeiträumen von 6-12 Wochen werden sie stärker und wieder schwächer. In etwa 15% der Fälle zeigen sich die Tics nur vorübergehend für einige Wochen und nur 3-4% dauern länger als 1 Jahr. 

Die Ursache für eine Tic-Störung  ist noch nicht geklärt. Wahrscheinlich spielt die Genetik ein Rolle, aber auch verschiedene andere Faktoren wie Frühgeburtlichkeit, Vergiftungen, Tumor- oder Gehirnerkrankungen können ein Risiko für eine Tic-Störung darstellen. Erkrankungen mit bestimmten Streptokokken-Gruppen und dadurch ausgelöste Autoimmunerkrankungen werden ebenfalls als Auslöser diskutiert. Wichtig ist, dass andere Erkrankungen, wie Zwangsstörungen, Ängste und Depressionen oder ein ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) in bis zu 85% der Fälle gleichzeitig mit der Tic-Störung auftreten können. Die Therapie dieser Erkrankungen führt häufig zum Nachlassen oder Verschwinden der Tics. Die Behandlung der Tics selbst ist nicht einfach, es stehen verschiedene verhaltenstherapeutische Strategien und auch Medikamente zur Verfügung. Sehr häufig ist die Behandlung aber nicht unbedingt notwendig, da weniger die Kinder und Jugendlichen selbst an den Tics leiden und eher die Umgebung sich daran stört. Der wichtigste Baustein der Behandlung von Tics bleibt die Aufklärung und die Aussicht, dass sie meist von selbst  wieder verschwinden.

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert