Kopfabflachungen im Kindesalter

Zur Vermeidung des plötzlichen Kindstod wird seit 1992 empfohlen, Säuglinge zum Schlafen auf den Rücken zu lagern. Dies führte zu einem deutlichen Rückgang der Todesfälle und sollte unbedingt weiter so befolgt werden. Zeitgleich gab es mehr Berichte über leichte Kopfabflachungen im Säuglingsalter. Ein ursächlicher Zusammenhang ist nicht bewiesen, erscheint jedoch wahrscheinlich. In einer Untersuchung zeigten etwa 16% der Kinder im Alter von 6 Wochen eine Kopfabflachung. Mit der Zeit nimmt die Häufigkeit ab: Im Alter von 2 Jahren waren nur noch rund 3% davon betroffen.

Wie ist das überhaupt möglich?

Bei Geburt sind die Schädelknochen noch leicht verformbar. Die sogenannten Schädelnähte, das sind die Stellen, an denen die Schädelknochen miteinander verbunden sind, sind noch nicht verknöchert. Das muss so sein, da sich die Schädelknochen an das enorme Wachstum des Gehirns anpassen. Denn das Gehirn verdoppelt etwa sein Volumen in den ersten 6-7 Lebensmonaten.

Die Rückenlagerung kann so zu einer einseitigen Abflachung des Hinterkopfes führen. Zusätzlich können die Lage im Mutterleib und durch die Geburt entstandene Schädel-Deformitäten eine Rolle spielen. Nach der Geburt kann es auch zu einer weiteren Abflachung kommen, wenn das Kind überwiegend auf seiner Lieblingsseite gefüttert wird oder des Kindes immer von der gleichen Seite angesprochen wird.

Was können Sie tun?

In der Regel wird Ihre Kinderärztin die Asymmetrie des Kopfs bei den Vorsorgen feststellen und verschiedene Untersuchungen durchführen. Wenn es keine zusätzlichen Risikofaktoren gibt, sollten Sie darauf zu achten, Ihr Kind von beiden Seiten gleichmäßig anzusprechen und auch für die  Fütterung regelmäßig die Seite zu wechseln. Präventiv wirkt auch die Bauchlage, jedoch immer unter Beobachtung (!). Je nach Literatur werden hier 3-30 Minuten am Tag angeraten.

Lagerungshilfen, wie bestimmte „Kopf-Kissen“, können zu einer Normalisierung der Kopfform führen. Allerdings ist hier unbedingt darauf hinzuweisen, dass für den unbeobachteten Schlaf desBabys das Bett frei von Kopfkissen sein soll. Oft ist dieUrsache der Kopfabflachung eine Einschränkung der Beweglichkeit im Kopf-Halsbereich sind. Hier ist eine Physiotherapie sehr wirksam und sinnvoll. Ist die Kopfabflachung erheblich, kann auch eine Helmtherapie überlegt werden. Dazu wird dem Kind ein Helm individuell angepasst, um den Kopf passiv zu formen. Der Helm muss 23 Stunden am Tag getragen werden und führt dann in der Regel zu einer schnellen Harmonisierung der Kopfform.

Die meisten Kopfabflachungen sind völlig harmlos und gut zu behandeln. Auch wenn die Rückenlage möglicherweise die Kopfasymmetrien begünstigt, ist es sehr wichtig, dass Sie weiter Ihr Kind auf dem Rücken lagern und damit der Empfehlung zur Vermeidung des plötzlichen Kindstodes folgen.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert

Klein, aber oho!

Eine der wichtigsten Aufgaben der Kinderärzte ist es, das Wachstum und die Entwicklung der Kinder zu begleiten und zu beobachten. Das Größen-, genauer gesagt, das Höhenwachstum ist eines der herausragendsten Merkmale. Bei allen U-Untersuchungen trägt Ihre Kinderärztin die Größe und das Gewicht Ihres Kindes in sogenannte Perzentilenkurven ein (das sind statistisch aufbereitete Wachstumskurven normaler Kinder). In den ersten zwei Jahren wachsen die Kinder enorm. Bis zu 24cm können sie in die Höhe wachsen. Danach lässt der Höhenspurt etwas nach - bis zum nächsten Wachstumsschub in der Pubertät.

Jedes Kind wächst entlang seiner individuellen Perzentilenkurve. In den ersten 24 Lebensmonaten scheint das Wachstum, wenn die gesundheitliche Versorgung gut ist, unabhängig von der Herkunft zu sein. Danach spielt die Genetik eine große Rolle. Sind die Eltern klein, bremst das Kind mit dem Wachstum bis es auf der den Eltern angepassten Perzentilenkurve angekommen ist. Die genetischen Zielgröße lässt sich mit dieser Formel errechnen: Größe der Mutter zur Größe des Vaters addieren, dies durch 2 dividieren und dann für Jungs 6,5cm dazurechnen und für Mädchen 6,5cm abziehen. Nach den neuesten Untersuchungen liegt jedoch die korrekte Zielgröße um 28% näher an der mittleren Größe der Bevölkerung (derzeit für Männer 179cm, für Frauen 165cm). Das liegt an dem sogenannten säkularen Trend, das heißt, die Kinder werden insgesamt etwas größer als ihre Eltern.

Es gibt viele Gründe, warum ein Kind eher klein ist oder langsamer wächst als seine Freunde. Es kann familiär begründet sein aber auch ein Hinweis auf eine chronische Erkrankung sein. Darmerkrankungen, Schilddrüsenunterfunktion oder andere hormonell Störungen können hier eine Rolle spielen. Am häufigsten ist eine Entwicklungsverzögerung, bei der das Wachstum im Kleinkindesalter sehr langsam und der Eintritt in die Pubertät verzögert ist. In der Regel wird die Zielgröße jedoch erreicht. Dies ist völlig normal.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert

Gefährlicher Puppenwagenunfall

Ein ungewöhnlicher Unfall mit einem Puppenwagen wurde letztes Jahr bekannt: Ein zweieinhalb jähriger Junge kletterte unbeobachtet unten in einen faltbaren Puppenwagen über die Radachsen. Er muß dann aufgestanden und mit dem Wagen nach hinten umgefallen sein. Der Puppenwagen klappte zusammen und klemmte den Jungen zwischen Radachse und Boden der Liegefläche ein. Möglicherweise waren auch die Sicherungen des Faltmechanismus offen. Leider war es gerade der Hals, der von der Achse eingeklemmt wurde, so dass der Junge keine Luft mehr bekam und blau wurde. Der Vater fand den Jungen rechtzeitig, befreite ihn und beatmete ihn mehrmals Mund-zu-Mund. Darunter wachte der Junge schnell auf und fing wieder zu atmen und zu husten an. Glücklicherweise war schon beim Eintreffen des Notarztes das Kind weitgehend wieder unauffällig und auch in der Klinik fanden sich keine größeren Verletzungen. Nach zwei Tagen konnte der Junge gesund entlassen werden. Das ist noch einmal gut gegangen!

Selbstverständlich wurde der Unfallhergang untersucht. Spielzeuge unterliegen nach dem Produktsicherheitsgesetz dem technischen Verbraucherschutz auf Landesebene. Zusätzlich ist das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) für Unfälle mit Lebensmittel, Haushaltschemikalien und Chemikalienfreisetzung aus Kinderspielzeug zuständig. In diesem Falle wurden alle Sicherheitsvorschriften eingehalten. Trotzdem kam es zu diesem Unfall. Die Hersteller des Wagens wurden kontaktiert, um eine Lösung für zusätzliche Sicherungen zu erarbeiten.

Haben Sie so etwas ähnliches schon einmal erlebt? Wenn ja, sollten Sie dies bitte unbedingt melden. Es gibt keine Meldepflicht. Aber nur wenn Sie Unfälle melden und auf Sicherheitslücken beim Spielzeug hinweisen, können die zuständigen Behörden handeln und weitere Unfälle verhindert werden.

Was können Sie noch tun?

Es lohnt, sich einmal auf den Boden zu setzen und die Welt aus Kinderaugenhöhe anzuschauen. Was ist da alles interessant? Was können die kleinen Kinderhände erreichen (auch mittels eines Stuhles!) und herunterziehen? Sind alle Regale, Topfpflanzen und Treppen gesichert? Sind alle Steckdosen gesichert, auch die unter der Bank in der Ecke, die nie jemand benutzt? Haben Sie dafür gesorgt, dass Putzmittel, Medikamente, Küchengeräte und Werkzeuge für Kinder unerreichbar und verschlossen sind? Ist der Herd gesichert? Nicht alle Unfälle können wir verhindern, aber wir können das Risiko minimieren. Kinder sind sehr neugierig und nichts ist vor ihren unerschöpflichen Erkundungsdrang sicher. Glücklicherweise verlaufen die meisten Unfälle glimpflich.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert

 

Vollkorn rettet Leben

Wir sollen uns gesund ernähren, klar. Dazu gehören Vollkornprodukte. Jedoch war bisher die Studienlage eher schwach, was die tatsächlich nachweisbaren Effekteangeht. Eine großangelegte Datenauswertung der vorhandenen Studien (eine sogenannte Meta-Analyse) aus verschiedenen Ländern ist nun vom British Medical Journal durchgeführt worden und gibt uns dazu mehr Auskunft:

Es wurde untersucht, ob der Verzehr von 90g Vollkornprodukten täglich gegenüber weniger bis gar keinem Vollkornkonsum eine Auswirkung auf die Gesundheit hat. Die Ergebnisse waren erstaunlich: Die Vollkornfreunde erkrankten deutlich weniger an Herzerkrankungen, Schlaganfällen und Krebserkrankungen. Auch die allgemeine Sterblichkeit war um 17% gesenkt, bei einem Verzehr von 200g Vollkornprodukten sogar um 28%.

Die positiven Wirkungen der Vollkornprodukte werden vor allem den Ballaststoffen zugeschrieben, die im Darm nicht verdaut werden. 100g Vollkornbrot enthält ungefähr 8g Ballaststoffe. Sie enthalten kaum Kalorien, sättigen gut und beugen dadurch Übergewicht vor. Im Vergleich zu Weißmehl senken Ballaststoffe den Zucker- und Insulingehalt im Blut nach dem Essen, was besonders günstig für ein langandauerndes Sättigungsgefühl ist. Gerade für Kinder ist dies wiederum gut für die Konzentration in der Schule. Ganz wichtig ist dabei aber auch, gerade bei den warmen Temperaturen, auf eine ausreichende Trinkmenge zu achten. Sonst kann der Verzehr von zu großen Mengen von Ballaststoffen Verstopfung verursachen und zu Bauchschmerzen führen.

Nachgewiesen wurde auch, dass andere Erkrankungen wie Diabetes und Herzkreislauferkrankungen durch den Verzehr von Ballaststoffen seltener werden. Darüberhinaus entziehen sie dem Darm geschädigte Zellen und senken somit auch das Darmkrebsrisiko. Auch der Blutdruck und die Blutfette werden positiv beeinflusst.

Es lohnt sich also, auf eine gesunde Ernährung zu achten und täglich Vollkornprodukte zu verzehren: Die Gesellschaft für Ernährung empfiehlt einen Konsum von 30g Ballaststoffen am Tag.

In diesem Sinne: Guten Appetit!

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert

Tollwut: Was ist das genau?

Die Tollwut war früher in der Welt weit verbreitet. Viele Länder in Westeuropa gelten laut WHO (World Health Organisation) jetzt als Tollwut-frei. In Deutschland wurde der letzte Tollwutfall 2007 gemeldet: Ein Mann verstarb nach seiner Rückkehr aus Marokko, wo er von einem Hund gebissen wurde. In Afrika und Asien sterben jedoch leider immer noch viele Menschen an dieser Erkrankung.

Tollwut wird durch Tiere übertragen. In Europa stellen vor allem infizierte Füchse und auch Fledermäuse, die größer Gefahr für den Menschen dar. Der Verursacher der Tollwut ist das Rabies-Virus. Es wird vor allen durch den Biss eines Tieres auf den Menschen übertragen. Oft sind es infizierte Haustiere, Hund oder Katze, die überraschend zubeißen und so die Infektion auf den Menschen übertragen. Die Zeit bis zum Ausbruch der Symptome kann sehr variieren. Je näher der Biss am Kopf erfolgte, umso schneller treten Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit und Fieber auf: Die erste Phase der Erkrankung. Danach kommt es zu neurologischen Beschwerden. Ein charakteristisches Symptom ist dabei die Angst vor Wasser. Es kommt zu Lähmungen, die unbehandelt in maximal 7 Tagen zum Tod führen.

Die größte Infektionsgefahr besteht im Augenblick bei Reisen in Ländern, in denen die Tollwut noch wütet. Beispielhaft sind hier das tropische Afrika, Thailand, Vietnam und Indien zu nennen. Aufklärung ist wichtig: Generell sollte man auf Reisen darauf verzichten, Tiere anzufassen, vor allem wenn sie krank erscheinen. Vor allem für Kinder sollte bei entsprechenden Reisen eine Impfung gegen Tollwut überlegt werden. Aufgrund ihrer Größe und ihrem Verhalten gegenüber Tieren sind sie besonders gefährdet. In Deutschland sollten Personen mit höherem Infektionsrisiko, wie Jäger und Forstpersonal oder Menschen, die einen engen Kontakt zu Fledermäusen haben, über eine Impfung nachdenken.

Wenn Sie oder Ihr Kind von einem Tollwut-verdächtigen Tier gebissen wurden, sollten Sie die Wunde sofort mit einer Seifenlösung mindestens für 15 Minuten reinigen und sobald als möglich ärztliche Hilfe suchen. Auch bei anderem Kontakt ihres Kindes mit einem verdächtigen Tier (Streicheln/Füttern, Ablecken von intakter Haut) oder Berühren eines Impfköders im Wald sollten Sie sich von Ihrer Kinderärztin beraten lassen. Je nach Risikoeinschätzung wird dann entschieden werden, welches weitere Vorgehen notwendig ist. Ausdrücklich sei erwähnt, dass nach einem Tierbiss in verdächtigen Fällen auch nach einer prophylaktischen Impfung eine Tollwutbehandlung erfolgen muss. Glücklicherweise ist in vielen Ländern Europas und so auch in Deutschland durch eine großangelegte Behandlung der Füchse die Tollwut weitgehend verschwunden. Bei Reisen in Risikogebiete lohnt sich eine reisemedizinische Beratung, in der unter anderem geklärt wird, ob eine Tollwut-Impfung für das Reiseziel empfohlen ist. Gute Reise!

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert