Schlafen und Blutdruck

Ausreichend Schlaf ist ein wichtiger Bestandteil einer gesunden Lebensweise. Unsere Tag-Nacht-Rhythmik (sogenannte zirkadiane Rhythmik) wird durch eine „innere Uhr“ bestimmt. Sie steuert unter anderem die Funktion der Niere, der Leber,  die Reaktionen der Blutgefäße, den Blutdruck und den Schlaf.

Viele Faktoren beeinflussen die innere Uhr wie beispielsweise Hormone, Licht und soziale Faktoren. Der Schlaf selbst kann durch Erkrankungen wie das Schlafapnoesyndrom (Atempausen im Schlaf) oder Sauerstoffuntersättigung im Schlaf durch -  beispielsweise - zu große „Polypen“ (Rachenmandeln) gestört sein. Ungünstig auf den Schlaf wirken sich auch Faktoren wie Stress oder überlange Bildschirmzeiten aus. Bis zu 40% aller Kinder und Jugendlichen leiden unter Schlafstörungen: Tagesmüdigkeit, Unkonzentriertheit in der Schule und emotionale Störungen sind nur einige der Folgen von gestörter Nachtruhe.

Ein erhöhter Blutdruck ist ebenfalls mit schlechter Schlafqualität assoziiert. Der Blutdruck wird von der zirkadianen Rhythmik bestimmt: Er steigt morgens beim Aufwachen, fällt mittags leicht ab und steigt wieder gegen späten Nachmittag/Abend an. Nachts sinkt er mit der Schlafphase ab. Am niedrigsten ist er gegen drei Uhr nachts. Wird die innere Uhr durch Erkrankungen, viel Stress, nächtliches Arbeiten oder Viel-vor-dem-Bildschirm-sitzen gestört, verändert sich auch der Blutdruck. Die Balance zwischen Anspannung und Entspannung, Aktivität und Ruhe ist beeinträchtigt. Vor allem im Erwachsenenalter zeigen sich dann höhere Blutdruckwerte tagsüber und eine fehlende Nachtabsenkung. Die Länge des Schlafes ist ebenso wichtig: Wer chronisch zu wenig schläft, stresst damit seine innere Uhr, und hat ein höheres Risiko, erhöhte Blutdruckwerte und damit einen Bluthochdruck zu entwickeln. Studien mit Erwachsenen zeigen, dass ein gestörter zirkadianer Rhythmus ein Risikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen sein kann. Zu kurzer Schlaf und eine schlechte Schlafqualität können darüber hinaus zu einer erhöhten Sterblichkeit führen.

Unbedingt erwähnt werden muss noch der Zusammenhang zwischen mangelndem Schlaf und Gewichtszunahme: Durch den verkürzten Schlaf verändern sich verschiedene Hormonspiegel, die zu mehr Hunger und Appetit führen. Außerdem hat man auch mehr Zeit zum Essen. Erhöhtes Gewicht wiederum ist ein Risikofaktor für gesteigerten Blutdruck.  

Großen Einfluss auf den Schlaf haben die Bildschirme. Gerade in der jetzigen Zeit, in der die Bildschirmzeiten durch alle Altersgruppen sehr zunehmen, ist es wichtig, auf Pausen zu achten und vor allem in der Zeit vor dem Schlafengehen, Bildschirme jeglicher Art - und dazu gehört das Handy - zu meiden. Das blaue Licht, das von den Bildschirmen ausgestrahlt wird, wirkt sich sehr negativ auf die Schlafqualität aus.

Schlaf ist wichtig: Nachts werden die Erlebnisse des Tages verarbeitet. Auf gehirn-organischer Ebene werden synaptische Verbindungen, die tagsüber gebildet wurden, modifiziert, neuronale Netzwerke weiter aus- oder auch abgebaut. Das ist wichtig für die Lern- und Gedächtnisfunktion. Unsere zyklische hirnelektrische Aktivität fordert den Schlaf.

In diesem Sinne: Gute Nacht! 

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert

Viel Sitzen macht depressiv....

Im Jugendalter scheint viel Sitzen nicht nur schädlich für die Gesundheit zu sein, sondern mit einem erhöhten Risiko für Depressionen einherzugehen. Eine ganz neue, großangelegte Studie hat einen deutlichen Zusammenhang aufgezeigt. Über sechs Jahre hinweg wurden Jugendliche im Alter von 12 bis 18 Jahren begleitet und untersucht: Zwischen 12 und 16 Jahren nahm der Anteil des täglichen Sitzens kontinuierlich zu, - und dies auf Kosten von leichter körperlicher Aktivität (beispielsweise langsames Gehen). Der Anteil moderater und stärkerer körperlicher Aktivität (etwa Joggen) blieb über die Jahre gleich. Das ist zumindest erfreulich. Jedoch zeigte sich, dass schon eine Stunde pro Tag weniger leichte Aktivität zu einer Zunahme von depressivem Verhalten führte. Waren die Jugendlichen von vornherein sehr inaktiv (Marke „Couch-Potatoes“), stiegen ihre Depressionswerte im Alter von 18 Jahre höher als bei den Alterskollegen an.

 Wir wissen schon länger: Sich viel bewegen ist wichtig. Das stimmt im Grunde für jedes Lebensalter. Kinder und Jugendliche brauchen sportliche Betätigung, nicht nur um motorische Geschicklichkeit und Koordination zu trainieren, sondern vor allem um eine gesunde und ausgewogene körperliche und seelische Entwicklung überhaupt erst zu ermöglichen.

Die Empfehlung ist: Mindestens eine Stunde am Tag (ob dies allerdings ausreicht, ist wissenschaftlich noch nicht endgültig geklärt). Die große deutsche Gesundheitsstudie KiGGS aus dem Jahr 2007 zeigte jedoch drastisch auf, dass diese eine Stunde Bewegung lediglich von jedem vierten Jungen und jedem sechsten Mädchen erreicht wird. Und ein Viertel der befragten Grundschüler gab an, nur einmal in der Woche im Freien zu spielen.

Die WHO-Empfehlungen sprechen von Bewegung mit moderater bis starker Intensität. Die erwähnte Studie lässt vermuten, dass schon eine Verringerung der sitzenden Tätigkeiten und eine Erhöhung von leichter Aktivität zumindest eine „antidepressive“ Wirkung haben könnte.

Leider sitzen unsere Kinder und Jugendlichen seit Computer- und Smartphonezeiten viel, in der augenblicklichen Lage mit Corona noch mehr. Ein Bewegen und Spielen im Freien, insbesondere Sportgruppen sind nicht möglich. Mit „homeschooling“ und Hausaufgaben fällt selbst der Schulweg häufig weg...

Unterstützen Sie jede Neigung zu Bewegung und Sport. Also schon Aufstehen, Herumgehen, Dehnen hat einen positiven Einfluss auf die Stimmungslage, auch langfristig. Werden Sie kreativ, machen Sie einen Familienbewegungsplan für jeden Tag. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran. Sport und Bewegung ist notwendig für die körperliche und seelische Gesundheit nicht nur des einzelnen, sondern der ganzen Familie.

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert

Das Herz aus dem Takt: Rhythmusstörungen bei Kindern

Die erste Schwierigkeit bei Kindern ist bereits die Frage: Was ist normal? Im Laufe des Wachstums vom Neugeborenen zum Erwachsenen macht auch das Herz eine erhebliche Entwicklung durch. Schon die Herzfrequenz von Kindern variiert sehr: 180 Schläge/min können bei Neugeborenen noch normal sein, die durchschnittliche Herzfrequenz beträgt 125-140/min. Je älter die Kinder werden, desto langsamer schlägt das Herz. Im Alter von 15 Jahren beträgt der Mittelwert der Herzfrequenz bei Jugendlichen nur noch 80/min.

Herzrhythmusstörungen im Kindesalter gehen im Kindesalter mit sehr unterschiedlicher Symptomatik einher. Glücklicherweise sind die meisten Rhythmusstörungen harmlos und machen allenfalls eine sehr milde Symptomatik wie „Herzstolpern“ oder Müdigkeit, aber auch das andere Extrem, der plötzliche Herztod kommt vor.

Die wichtigsten Ursachen der Herzrhythmusstörungen im Kindesalter sind angeboren. Sie können isoliert, in Verbindung mit angeborenen, strukturellen Herzfehlern oder mit entzündlichen Herzerkrankungen auftreten.

Am häufigsten sind sogenannte Ersatzschläge, die vor allem bei Herzgesunden oft als Zufallsbefund auffallen. Besonders bei sensiblen und sportlich aktiven Kindern und Jugendlichen und im Schlaf sind harmlose Rhythmusvarianten nicht selten zu finden. Beispielsweise kann eine zu schnelle Herzfrequenz durch Fieber ausgelöst sein, eine zu langsame durch tiefen Schlaf oder/und gutem Trainingszustand. Eine schnelle Herzfrequenz kann jedoch auch Zeichen einer angeborenen Herzrhythmusstörung sein, die je nach Ausprägung behandlungsbedürftig ist.

Zu den angeborenen Herzrhythmusstörungen gehört auch das sogenannte Long-QT-Syndrom.  Es kann bereits im Kindes- und Jugendalter zu einer schweren, manchmal lebensgefährlichen Rhythmusstörung führen. Die auslösenden Faktoren sind je nach Typ des Long-QT-Syndroms unterschiedlich: Sportliche und emotionale Belastung spielen oft eine Rolle. Man geht davon aus, daß es für etwa 10% aller Fälle von plötzlichem Kindstod und für 20% der ungeklärten Todesfälle im Erwachsenenalter verantwortlich ist.

Wichtig für die Diagnostik dieser Rhythmusstörung ist eine Zusammenschau verschiedenster Faktoren: Mehrfach werden Elektrokardiogramme (EKGs) abgeleitet und beurteilt, mitunter auch ein Belastungs-EKG. Ohnmachtsanfälle des Patienten sind ein starkes Warnsignal wie auch eine Häufung unklarer Todesfälle in der Familie. Das Long-QT-Syndrom wird sehr häufig dominant vererbt. In der Genetik sind inzwischen 17 Genorte bekannt. Wird die Diagnose eines Long-QT-Syndroms tatsächlich gestellt, ist die Aufklärung von zentraler Bedeutung: Bestimmte Medikamente müssen vermieden werden und die Teilnahme an Wettkampfsport dem individuellen Risiko angepasst werden. Eine weitere Maßnahme ist die Empfehlung einer medikamentösen Therapie zum Schutz vor Rhythmusstörungen, um den Kindern und Jugendlichen ein weitgehend normales Leben zu ermöglichen.

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert

Neues und Altes zur Allergieprävention

Allergien nehmen weltweit weiter zu. Genauer gesagt: Es geht um sogenannte atopische Erkrankungen: Damit sind das Asthma bronchiale, der allergische Schnupfen, Nahrungsmittelallergien und das sogenannte atopische Ekzem (früher: Neurodermitis) gemeint. Sie zählen in den hochentwickelten Ländern zu den häufigsten chronischen Erkrankungen des Kindes- und Jugendalter. Die Genetik scheint nur eine untergeordnete Rolle zu spielen, dagegen sind viele Umweltfaktoren in Zusammenhang mit einem erhöhten Allergierisiko gebracht worden. Möglicherweise ist dies auf frühe Veränderungen der Darmflora (des Mikrobioms) zurückzuführen. In einer australischen Studie von 2019 wurde beobachtet, dass Kinder chinesischer Abstammung, die in Australien geboren wurden, eine deutlich geringer Diversität in der Rachen- und Darmflora zeigten als Kinder, die in China selbst zur Welt kamen. Eine ganze Reihe anderer Faktoren beeinflussen das kindliche Mikrobiom: Schlechte Luftqualität im Freien, Leben ohne Kontakt zu landwirtschaftlichen Tieren, schlechte Wohnbedingen wie hohe Feuchtigkeit, Schimmel oder Staubbelastung, Ernährungs- und Lebensstilfaktoren führen zu einem veränderten Darmmikrobiom. Die zunehmende Hygiene in der Umwelt führt darüber hinaus zu einer abnehmenden Vielfalt von Keimen, mit denen sich die Kinder auseinandersetzen können. Dies scheint ebenfalls ein Risiko für die Ausbildung von Allergien durch vielfältige Mechanismen zu sein.

Der Darm des Neugeborenen unterscheidet sich wesentlich von dem eines Erwachsenen. Intensiv wird daher über die Mechanismen zur Toleranzbildung gegenüber Allergenen und Allergieprävention im frühen Säuglingsalter geforscht. Und die Muttermilch ist hier selbstverständlich ein wichtiger Faktor. Leider sind die Ergebnisse noch verwirrend. Während Stillen für viele Erkrankungen eindeutig als schützend angesehen werden kann, ist für die Entstehung von Allergien die Datenlage noch uneinheitlich. Viele Erkenntnisse sind jedoch darüber gewonnen worden, warum die Ergebnisse teilweise so unterschiedlich ausfallen: Unterschiedliche Stillgewohnheiten, die Zusammensetzung der Muttermilch, wie etwa vorhandene oder nicht vorhandene Immunstoffe in der Muttermilch, die Reaktion des Kindes auf die Muttermilch, das Mikrobiom der Mutter sowie Einflüsse von außen auf die Mutter während der Stillzeit werden dafür verantwortlich gemacht.

In den letzten Jahren sind viele neue Studien durchgeführt worden und einige auch noch nicht abgeschlossen. Eine sehr interessante Untersuchung, beispielsweise, hat im Fokus, wie sich die Behandlung von verzehrten Milchen (roh, leicht pasteurisiert oder ultrahoch-erhitzt) darauf auswirkt, wie häufig Kinder an Schnupfen, Mittelohrentzündungen und Allergien erkranken.

Die Leitlinie zur Allergieprävention im Kindesalter wird übrigens aktuell gerade überarbeitet. Umweltfaktoren scheinen für die Allergieentstehung eine große Rolle zu spielen. Das Aufwachsen auf dem Bauernhof schützt Kinder vor Allergien. Tabakrauch, Schimmelpilz- und Schadstoffbelastung fördern Allergien und sollen möglichst vermieden werden.

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert

Das metabolische Syndrom: Die Weichen werden in der Kindheit gestellt

Fettleibigkeit (Adipositas) ist definiert als BMI (body-mass-index) über der 97.Perzentile. In Deutschland sind etwa 23% der Erwachsenen adipös, 2% der zwei- bis dreijährigen Kinder und bis zu 5,6% der Einschulungskinder.

Warum ist das so schlimm?

Massives Übergewicht führt zu einer unterschwelligen Entzündungsreaktion im Körper. Bereits im Kindes- und Jugendalter kann dies zu Körperfunktionsstörungen führen, die im Vollbild „metabolisches Syndrom“ genannt werden. Dazu gehören neben der Adipositas Störungen im Zucker- und Fettstoffwechsel und der oft völlig unterschätzte Bluthochdruck, um nur die wichtigsten zu nennen. Häufig entwickelt sich eine Fettleber und durch die Entzündung eine Funktionsstörung der Leber. Man geht davon aus, dass bereits 20% der adipösen Kinder daran leiden. Auch die Harnsäure kann erhöht sein, orthopädische Probleme, psychische Auffälligkeiten und Schlafstörungen sind an der Tagesordnung. Studien haben gezeigt, dass bei ausgeprägter Adipositas auch die Lebenserwartung verkürzt ist und zwar bis zu acht Jahren. Vor allem Herz-Kreislauf-Erkrankungen spielen hier eine Rolle.

Viele Studien haben gezeigt, dass das Gewicht im frühen Kindesalter ein guter Anhalt für die weitere Gewichtsentwicklung im Leben und eben für die damit verbundenen Krankheiten ist. Das bedeutet, dass gerade das Kindesalter wichtig für die Therapie und Prävention der Adipositas ist.

Was kann man tun?

Hauptsächlich geht es um eine Lebensstiländerung in vielen Bereichen. Mit betroffenen Kindern und Jugendlichen werden umfangreiche Ernährungsschulungen durchgeführt. Eine ausgewogene Ernährung, die Reduktion energiedichter, vor allem zuckerhaltiger Nahrungsmittel und Getränke ist wichtiger Bestandteil der Behandlung. Gleichzeitig muss auf ausreichend Bewegung geachtet werden. Auch wenn das Gewicht nur wenig fällt, ist oft der Einfluss auf die Risikofaktoren (beispielsweise Blutdruck und Höhe der Blutfette) bereits sichtbar. Gesellschaftlich wäre es dringend wünschenswert, und so auch von der WHO formuliert, die Werbung für ungesunde Nahrungsmittel im Kindesalter stark einzuschränken, eine Fett- oder Zuckersteuer einzuführen, in Kindergärten und Schulen die Ernährung zu verbessern und mehr sportliche Aktivitäten anzubieten. Hier können Sie auch immer persönlich aktiv werden: Gemeinsamer Sport macht Spaß und tut in jedem Alter gut.

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert