Über-Stress

Die Zeiten sind besonders. Die Belastungen vielfältig und auf allen Ebenen: Home-office, die sehr aktiven Kleinen fordern lautstark Beschäftigung, die Großen müssen mit den Schulaufgaben betreut werden, die ganz Großen müssen oftmals ihren Alltag vollkommen neu organisieren. Wie geht es weiter? Die Situation ist für alle neu, die Nerven sind empfindlich, schnell kommt Stress auf.

Was ist eigentlich Stress? Im Grunde bezeichnen wir jede Reaktion und Belastung des Körpers und der Psyche auf besondere Anforderungen als Stress.

Das Paradebeispiel: Wir begegnen dem Säbelzahntiger. Der Angriff des Raubtieres konzentriert das Blickfeld. Der Körper stellt mehr Energie bereit und schüttet große Mengen an Adrenalin und Cortisol aus. Blutdruck und Puls schießen in die Höhe und alles ist auf Anstrengung - Kampf oder Flucht - programmiert. Haben wir den Tiger bekämpft (oder sind erfolgreich geflüchtet), haben wir den Stress optimal genutzt und können entspannen. Dies wird Eustress („guten Stress“) genannt und ist für den Körper nicht schädlich. Daneben gibt es noch den Disstress („schlechten Stress“). Er entsteht, wenn wir ständig hohen Anforderungen oder Konflikten ausgesetzt sind oder uns emotional in einer Krise befinden und einfach keine Lösung finden. Dauerhaft bemüht sich der Körper, den Anstrengungen gerecht zu werden, doch dies gelingt nicht. Konzentrationsstörungen, Müdigkeit und viele andere Symptome bis zum Burn-out stellen sich ein. Anhaltender Stress kann dazu führen, dass wir lieber auf Gewohntes zurückgreifen und ungern etwas Neues versuchen. Stress schränkt unsere Flexibilität ein. Studien zeigen, dass auch schon 1- bis 2-jährige Kinder genau so auf Stress reagieren. Untersuchungen von 2015 und 2018, bei denen eine große Anzahl von deutschen Kindern befragt wurde, haben ergeben, dass etwa jedes sechste Kind und jeder fünfte Jugendliche unter Stress leidet. Die häufigsten Ursachen waren hier Konflikte in der Familie und das Gefühl der Angst, in der Schule den Erwartungen der Eltern und sich selbst gegenüber nicht gerecht werden zu können. Kopf- und Bauchschmerzen, Appetit- und Schlaflosigkeit sind dabei oft die Folge. 

Also: Entspannung ist wichtig in jedem Alter. Krisensituationen wie die jetzige stellen alle vor große Herausforderungen und werden am besten erfolgreich bewältigt, wenn wir sie als „guten Stress“ nutzen könnten und für die ganze Familie und ihr Umfeld immer wieder Wege zu Ausgleich und Entspannung finden.

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. Meidert