Darm und Gesundheit – Was wissen wir schon?

Bereits im letzten Jahrhundert waren Forscher der Bakteriologie, wie Robert Koch und Louis Pasteur, davon überzeugt, dass die Bakterien im Darm großen Einfluss auf die Gesundheit und Entwicklung des Menschen haben. Intensive Forschung in den letzten Jahren ergaben neue Erkenntnisse über die Wechselwirkungen des Mikrobioms (das ist die Gesamtheit der Bakterien) mit dem Immunsystem und beispielsweise der Entstehung von entzündlichen Erkrankungen. Wir wissen, dass direkt nach Geburt der Darm nur wenig von Bakterien besiedelt ist. Bis zu drei Jahren kann es dauern bis der Körper „sein“ Mikrobiom gefunden hat und die Artenvielfalt der Bakterien in etwa der des Erwachsenen entspricht. Eine große Vielfalt der Darmbakterien scheint günstig für die Gesundheit zu sein. Umgekehrt zeigen manche Darmerkrankungen, Allergien und die Adipositas einen Zusammenhang mit einer geringeren und bestimmten Artenvielfalt der Darmbakterien.

Kann also durch die Gabe von „guten Darmbakterien“ (Probiotika) oder von Stoffen, die deren Wachstum begünstigen (Präbiotika), die Gesundheit gefördert werden kann? Die Antwort ist schwierig: Ein einheitlicher Wirkmechanismus ist derzeit nicht bekannt. Die Wirkungsweisen sind unglaublich komplex. Aber in einigen Studien gibt es Hinweise auf eine positive Wirkung. In einer neuseeländischen Studie sind durch die Gabe eines bestimmten Bifidobakterium (Milchsäurebakterium) an Mütter und deren Kinder weniger Probleme mit Neurodermitis und damit assoziierten Erkrankungen gesehen worden. Auch bei bestimmten, v.a. bakteriellen Darmerkrankungen, scheint die Gabe von Probiotika helfen zu können.

Klar ist, dass die Ernährung im frühen Säuglingsalter einen wesentlichen Einfluss auf die Darmbesiedelung hat. Muttermilch ist der wichtigste Lieferant für die „guten“ Bifidobakterien. Daher werden immer mehr der künstlichen Säuglingsmilchen mit Probiotika ergänzt. In den neuesten Untersuchungen ist dies als sicher zu werten, aber inwieweit tatsächlich Erkrankungen damit positiv beeinflusst werden, bleibt abzuwarten.

Gerade im Kindesalter ist der Einsatz von Probiotika inzwischen weit verbreitet. Der Therapieerfolg ist jedoch von sehr vielen verschiedenen Faktoren abhängig. Sicher spielt der aktuelle Zustand der Darmbakterien, das Alter des Kindes und nicht zuletzt die Art der gegebenen Bakterien eine große Rolle. Auch die Umwelt und die genetische Ausstattung des Kindes und der Bakterien sind von Bedeutung. Es bleibt  spannend.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert

 

Bluthochdruck-eine Volkskrankheit, auch im Kindesalter?

Mindestens jeder dritte Erwachsene in Deutschland leidet an Bluthochdruck. Er ist die häufigste Ursache auch für schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, beispielsweise einen Herzinfarkt. Das Risiko für einen Bluthochdruck steigt mit dem Alter. Aber wann beginnt es?

Mehr als 3% aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland sind betroffen. Allerdings zeigen Studien, dass ungefähr nur ein Viertel der erhöhten Blutdruckwerte auch entdeckt werden. Die Ursachen für einen Bluthochdruck sind vielfältig. Je jünger ein Kind ist, desto eher können andere, noch unerkannte Erkrankungen, wie eine Herz- oder Nierenerkrankung oder eine hormonelle Störung, Ursache der erhöhten Blutdruckwerte sein. Auch das Essen von Unmengen von Lakritze oder Schlafstörungen können dazu führen. Übergewicht ist weiterer Risikofaktor. Und leider ist zu beobachten, dass vor allem bei den Jugendlichen durch Bewegungsmangel und Gewichtszunahme der Bluthochdruck immer häufiger vorkommt.

Wann ist nun der Blutdruck bei Kindern und Jugendlichen zu hoch?

Das ist nicht so einfach zu beantworten. Der Blutdruck steigt mit der Größe und dem Alter. Aus der großen Studie zur Gesundheit  von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KIGGS, 2003-2006) haben wir aktuelle Daten. Wie für viele andere Werte, etwa für Größe und Gewicht, gibt es für den Blutdruck sogenannten Perzentilenkurven. Wenn der Blutdruck über der 95.Perzentile liegt, sprechen wir von Bluthochdruck.  Dies bedeutet: 95 von 100 gesunden, nicht übergewichtigen Kindern haben einen niedrigeren oder gleichen Blutdruck wie der angegebene Wert.

Wenn bei Ihrem Kind erhöhte Blutdruckwerte festgestellt wurden, ist es wichtig, eine ausführliche Untersuchung in der Kinderkardiologie durchzuführen. Je früher ein Bluthochdruck entdeckt und behandelt wird, desto eher lässt sich das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen reduzieren.

Was können Sie tun?

Ausgewogene Ernährung, ausreichend Schlaf und mindestens eine Stunde Bewegung am Tag beugt in jedem Alter Bluthochdruck vor. Und gehen Sie zu den üblichen Vorsorgeuntersuchungen. Ab dem Alter von 3 Jahren (ab der U7a) sollte der Blutdruck gemessen und mit den entsprechenden Alters- und Größenperzentilen verglichen werden.

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert

 

 

Lernen mit und ohne Bildschirm: Die Digitalisierung im Kinder- und Jugendzimmer

Jugendliche besitzen zu 97% ein Smartphone, sagt eine Studie aus dem Jahr 2017, und sie beschäftigen sich im Durchschnitt 150mal am Tag damit, - das heißt alle 9 Minuten. In den USA bekommt ein Kind meist im Alter von 6 Jahren seine erstes Smartphone. 65%-72% der Jugendlichen haben einen eigenen Computer im Zimmer. Bei den jungen Kindern spielt das Fernsehen, zeitlich gesehen, noch ein große Rolle, dazu kommt die Benutzung der elterlichen Smartphones. Später werden von Jugendlichen und jungen Erwachsenen digitale Medien im Durchschnitt 5-7 Stunden am Tag genutzt, davon 3 bis 5 Stunden für soziale Medien über das Smartphone.

Was machen die digitalen Medien mit unserer Gesundheit? Bereits im Säuglingsalter zeigen sich Fütter- und Einschlafstörungen, wenn die Mutter während der Betreuung des Säuglings häufig digitale Medien nutzt. Benutzen Kinder und Jugendliche vermehrt Computer und Smartphones, fanden sich in einer großen deutschen Studie gehäuft motorische Hyperaktivität, Sprachentwicklungsverzögerungen, Konzentrationsstörungen, Schlafmangel und Adipositas. Die Nutzung digitaler Medien hat auch großen Einfluß darauf, wie unser Gehirn sich formt, also lernt. Wenn bestimmte Nervenzellen viel benutzt werden, bilden sie Netzwerke, die dann immer stabiler werden. Dadurch kann dann das Gehirn wiederum die gewünschten Funktionen schnell zur Verfügung stellen. Ein Pianist hat viele motorische Netzwerke der Hände ausgebildet. Bei unseren Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind im Gehirn die motorischen Netzwerke der Daumen durch das Schreiben am Smartphone groß geworden.

Neurobiologischer Forschung zufolge hängt die Ausbildung der Netzwerke im Gehirn, also das Lernen an sich, von vielen Faktoren ab. Bewegung scheint, gerade im jungen Alter, im direkten Zusammenhang mit der Intelligenzentwicklung zu stehen. Beim Zählen- und Rechnen-Lernen, brauchen Kinder zunächst auch die Finger. Sprechen wird nicht nur über das Hören erlernt, sondern auch durch das Ablesen von den Lippen von Mama und Papa. Der Dialog und die Interaktion sind ganz entscheidend für den Spracherwerb. Das ABC wird durch das Vernetzen mit anderen Sinnen viel besser gelernt, wenn mit dem Stift in der Hand geschrieben wird, als auf der Tastatur.

Das Bildungsministerium stellt für die Digitalisierung in den Schulen viel Geld zur Verfügung. Inzwischen wird in vielen Studien zunehmend deutlich, dass der erhoffte positive Effekt auf das Lernen und Schulleistungen durch vermehrte Nutzung der digitalen Medien per se in der Schule nicht erreichbar ist. Kinder und Jugendliche lernen weiterhin vor allem in Abhängigkeit von der Lehrerperson. Digitale Medien können dann unterstützend eingesetzt werden und hilfreich sein. Ohne Frage ist es in der heutigen Zeit für alle wichtig, sich Kompetenz im Umgang mit dem Internet und den digitalen Medien anzueignen. Die Beurteilung von Aussagen und Angeboten im Internet (Stichwort „fake news“) soll hier nur beispielhaft erwähnt werden.

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert

Laufen Lernen ist gar nicht so einfach...

In den ersten Jahren kann man über die rasante Entwicklung der Kinder auf allen Ebenen nur staunen. Gerade geboren, schon hebt das Kind den Kopf, ein Jahr später will es schon loslaufen. Neben der sprachlichen und sozialen Entwicklung steht die motorische Entwicklung gerade in den ersten Jahren ganz im Zentrum und bildet gewissermaßen die Gesamtentwicklung des Kindes ab.

Tatsächlich zeigen neueste Untersuchungen aus der Hirnforschung, dass motorisches Lernen bereits sehr früh in der Schwangerschaft beginnt. Erste Bewegungen wurden schon ab der achten Schwangerschaftswoche nachgewiesen. Nach der Geburt hat das Neugeborene bereits ein Repertoire an Bewegungen, die primär noch weitgehend unwillkürlich sind und in ihrer Ausprägung vor allem genetischen Einflüssen unterliegen. Sehr schnell jedoch beginnt das Kind zu lernen. Es sucht sich aus seinen persönlichen Erfahrungen die effizientesten Bewegungsabläufe heraus und passt sie seinen individuellen Bedürfnissen an. Aus der Neurobiologie weiß man, dass das Gehirn entsprechend Synapsen strukturell organisiert und Verknüpfungen auswählt. Von der Entwicklung dieser ganz basalen motorischen Fähigkeiten ist das Erlernen der späteren, sehr interessensabhängigen Fähigkeiten wie etwa Fußballspielen oder Radfahren abzugrenzen. Hier steht die Übung ganz im Vordergrund und der Erhalt der erworbenen Fähigkeit beansprucht wiederum andere Hirnfunktionen.

Wichtig ist, zu wissen, dass die Bandbreite der motorischen Entwicklung sehr groß ist. Manche Entwicklungsschritte werden ausgelassen und nicht alle Kinder nehmen den gleichen Weg. Anhand des Laufen-Lernens ist dies gut sichtbar: Bis zu 15% aller Kinder krabbeln nie. Sie bevorzugen, auf dem Gesäß vorwärts zu rutschen. Diese Kinder haben für sich entschieden, dass für sie die aufrechte Position zur Vorwärtsbewegung besser passt.

Ihre Kinderärztin wird bei den Vorsorgeuntersuchungen viel Zeit auf die Einschätzung des motorischen Entwicklungsstandes Ihres Kindes verwenden. Für bestimmte Altersgrenzen gibt es motorische Entwicklungsziele, die 90-95% aller Kinder erreichen. Es wird jedoch nicht nur beurteilt, welche Ziele ihr Kind schon erreicht hat, sondern auch wie es bestimmte Aufgaben löst. Und auch hier ist die Bandbreite groß. Beim Laufen sind die ersten Schritte noch sehr unsicher und breitbeinig. Hingefallen wird häufig und Aufstehen will auch gelernt sein. Und bald sind die Kinder so schnell, dass Sie kaum mehr hinterher kommen... 

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert

Der Schnupfen hört einfach nicht auf....

Noch ist die Erkältungswelle nicht vorbei. Viele verschiedene Viren haben den Landkreis besucht. Unter anderem hat die echte Grippe Kindern und ganzen Familien hohes Fieber beschert. Da ist so ein kleiner Schnupfen harmlos, oder?

Einer der häufigsten Erkältungsviren ist der RS-Virus (das heißt: respiratorischer Synzytial Virus). Schon bis zum Alter von zwei Jahren haben praktisch alle Kinder einmal eine RSV-Infektion durchgemacht. Gesunde Kinder zeigen in der Regel nur die typischen Erkältungssymptome. Leider befällt der RS-Virus aber auch gerne die kleinen Atemwege und verursacht hier einen zähen Schleim. Für Neugeborene und ganz junge Säuglinge kann dies problematisch werden, da ihre kleinen Atemwege eben besonders klein sind und sie noch nicht so effektiv husten. Auch Frühgeborene und Kinder mit chronischen Erkrankungen, wie etwa mit Lungen- und Herzproblemen, können schwer erkranken. Sie atmen dann sehr angestrengt und schnell. Und dabei erschöpfen sie sich mit der Zeit. Die Sauerstoffversorgung kann beeinträchtigt sein und ein Krankenhausaufenthalt ist dann oft nicht mehr zu vermeiden.

Übertragen wird der RS-Virus meist durch Tröpfchen, also durch Niesen und Husten einer infizierten Person auf die nächste. Der RS-Virus überlebt jedoch auch auf Gegenständen und Händen bis zu 45 Minuten und kann durch Kontakt mit den Händen über die Schleimhäute aufgenommen werden.

Wie können Sie sich und Ihre Familie schützen?

Für die Gruppe der besonders gefährdeten Kinder ist eine passive Immunisierung während der „RSV-Zeit“ empfohlen. Eine aktive Impfung ist in Entwicklung, um auch die Neugeborenen und ganz kleinen Säuglinge zu schützen.

Wichtig sind in den Erkältungsmonaten die allgemeinen hygienischen Maßnahmen. Achten Sie auf sorgfältige Händehygiene. Vielleicht wollen Sie auf das Händeschütteln ganz verzichten? Es ist unbestritten, dass viele Viren über die Hände übertragen werden. Gehen Sie nach draußen und vermeiden Sie, so gut Sie können, große Menschenansammlungen in kleinen Räumen. Währen der Heizperiode werden die Schleimhäute durch die trockene Luft noch empfänglicher für Keime. Achten Sie auf ausreichend Schlaf und eine ausgewogene, vitaminreiche Ernährung.

Das hilft auch bei der Abwehr gegen viele andere Viren. Und bald ist der Frühling da.

Haben Sie noch Fragen? Ihre Kinderärztin berät Sie gerne.

Herzliche Grüße,

Ihre Kinderärztin Dr. med. Anette Meidert